Hätte mir einer in den 90ern erzählt, dass ich dereinst mal Ugly Kid Joe an so einem coolen Ort wie der Mühle Hunziken aus allernächster Nähe würde sehen können, er wäre mit Sicherheit ausgelacht und davongejagt worden. Allerdings nahm ich damals auch nicht viel mehr als die beiden Überhits «Everything About You» (mitunter auch im Film "Wayne's World" verwendet) und natürlich den Cover-Glücksgriff «Cats In The Cradle» (im Original von Harry Chapin) wahr. Zwei Klassiker, die rauf- und runtergespielt wurden. Der grandiose Auftritt am letztjährigen "Riverside Festival" in Aarburg (23.08.2024) öffnete mir dann Aug und Ohr.
Da mir der diesjährige Auftritt in Schaffhausen am "Stars in Town" (30.07.2025) zeitlich nicht entgegen kam, war die Freude gross, als das Konzert in Rubigen angekündigt wurde. Nota bene der bereits zweite Besuch vor Ort, nachdem die Truppe um Mainman Whitfield Crane ja am 13.03.2024 zum ersten Mal hier spielte. Selbstredend, dass auch das heutige Konzert, obwohl an einem Montag (!) stattfindend, komplett ausverkauft und diesmal keine Support-Band mit dabei war.
Ugly Kid Joe
Die Kalifornier waren vor allem in der Heimat eine Riesennummer und erreichten mit ihrem Mix aus Rock, Grunge und Hard Rock viele Fans. Nach dem Release des Debüts «America's Least Wanted» (1992) beehrte man auch Europa und spielte unter anderem im United Kingdom, in den Niederlanden, in Schweden, Frankreich wie etwas später in Norwegen und Dänemark. 1997 zog man den Stecker, respektive seit 2010 ist man wieder zurück im Geschäft. Seither wurden mit «Uglier Than They Used Ta Be» (2015) und «Rad Wings Of Destiny» (2022) zwei weitere Longplayer veröffentlicht. In meiner Wahrnehmung waren sie dennoch nicht wirklich, bis ich sie letztlich in Aarburg sah und völlig von den Socken war! Vor allem kam die Band, und allen voran Crane, supersympathisch rüber, was echt überraschte.
Was die aktuelle Besetzung angeht, sind nebst dem Frontmann nur noch sein Sidekick und Lead-Gitarrist Klaus Eichstadt sowie Bassist Cordell Crocket übrig geblieben. Letzterer war jedoch nicht auf der Tour dabei und wurde durch Mike Squires ersetzt. Gleiches galt für den Posten hinter den Drums, wo normalerweise Zac Morris (der Shannon Larkin ablöste) die Stöcke schwingt. An seiner Stelle agierte Cameron Greenwood, und das nicht zum ersten Mal. Vervollständigt wird das Line-up durch Rhythmus-Gitarrist Dave Fortman, der schon eine ganze Weile mit dabei ist. Was nun auf den ersten Blick wie eine zusammengewürfelte Combo schien, entpuppte sich innert Minutenfrist als ein bestens eingespieltes Kollektiv von Profis ihres Fachs, das voll loslegte.
Bevor es losging, genehmigte ich mir draussen bei wolkenlosem Himmel, aber schon ordentlich kühlen Temperaturen, eine feine Portion Raclette, die gerade richtig kam. Unmittelbar zuvor, sprich auf dem Weg vom Parkplatz hin zur Mühle, sah ich einige Autonummern, die eine weite(re) Anfahrt (zum Beispiel aus dem Kanton Tessin!) hinter sich hatten, was natürlich für das grosse Interesse an Ugly Kid Joe sprach. Drinnen dann das eine oder andere bekannte Gesicht entdeckt, ein paar Handshakes getätigt und meine Wenigkeit gleich unmittelbar vor der Bühne platziert. Auf eine Vorband wurde, wie eingangs erwähnt, verzichtet - vielleicht, weil es ein Montag war. Darum stieg pünktlich um 20:00 Uhr bereits der Headliner auf die Bühne und wurde lautstark begrüsst.
Die rappelvolle Mühle ging umgehend steil ab, heisst also über 500 Leute, die sich wie gewohnt über die drei Stockwerke verteilten, machten alsbald zum zweiten Auftritt der Band hier mächtig Lärm in der Hütte. Whitfield Crane war auch diesmal super gut drauf, wie die anderen Musiker alle auch. Man zeigte sich sichtlich erfreut über die lautstarken Reaktionen und das besondere Flair in dieser kultigen Location. Die Stimmung war von Anfang an super und alle Aufforderungen zum Klatschen oder Armeschwenken wurden vom gut antizipierenden Publikum jeweils sofort erwidert. Sogar einige Kinder, respektive deren Begleitpersonen liessen sich das nicht entgehen und wurden Zeuge eines schlicht grandiosen Konzertes, das laufend an Intensität zunahm, einfach megageil!
Lead-Gitarrist Klaus Eichstadt lief im Celtic Frost T-Shirt auf und Rhythmus-Gitarrist Dave Fortman trug ein Cap, das er im Verlauf des Konzertes mal dem Horn des aufgehängten Tierschädels in der Mitte über der Bühne überstülpte (oder es sah zumindest danach aus) und kurz danach hatte es sich ein Glückspilz, gerade oben dran stehend, gekrallt. Klaus gab derweil einem Fan in der ersten Reihe sein Plek und liess ihn über die Saiten seiner Gitarre (selber gebaut im College!) schrammeln und verlangte danach das Plek wieder zurück, weil er nur das bei sich hatte! Der absolute Vollkult und ein Bild für die Götter. Die Stimmung war schlicht grandios und Whitfield hatte die Meute voll im Griff. Dabei schaute er immer wieder mal nach ganz oben und konnte es kaum glauben.
Die Setliste war mitunter mit "neuen" Songs vom letzten Album «Rad Wires Of Destiny» bestückt, und natürlich durften die beiden Welthits «Cats...» und «Evereything...» nicht fehlen. Ugly Kid Joe spielten hundert Minuten am Stück durch...(wir gehören nicht zu denen, die vor den Zugaben von der Bühne gehen und dann wieder kommen...) - Dazu gehörte auch eine schnell gespielte Cover-Version von Motörheads «Ace Of Spades», die voll reinknallte, wenn auch nicht so druckvoll wie das Original bratzte, aber der Sound war sonst ziemlich fett und laut. Es geht halt nichts über einen Club-Gig wie den von heute Abend in der Mühle..., ein Abend für die Geschichtsbücher! Der Merchstand wurde anschliessend regelrecht belagert. Für ein Tour-Shirt reichte es gerade noch, aber CDs der aktuellen Scheibe waren leider sold out!
Setliste: «Intro» - «V.I.P.» - «Neighbor» - «Jesus Rode A Harley» - «Panhandlin' Prince» - «Goddamn Devil» - «Kill The Pain» - «So Damn Cool» - «No One Survives» - «Devil's Paradise» - «Cat's In The Cradle (Harry Chapin Cover)» - «I'm Alright» - «C.U.S.T.» - «Failure» - «Cloudy Skies» - «Milkman's Son» - «That Ain't Livin'» - «Tomorrow's World» - «Ace Of Spades (Motörhead Cover)» - «Everything About You»