Es ist schon eine ganze Weile her, seit ich im "Palais X-Tra" oder dem heutigen X-TRA (Haus der Musik) ein Konzert besucht habe. Meine Snyapsen geben dabei die Jahre 2005 (Slayer & Mastodon), 2006 (Lordi & The Dogma) sowie noch 2010 (Slash, feat. Myler Kennedy) her. Dazu sind zwei gegensätzliche Dinge haften geblieben, und das wäre zum einen der gute Sound dort (weitaus besser als im Komplex 457!) und zum anderen der unsägliche Fotograben, der eigentlich gar keiner ist. Letzteres hoffte ich nach der langen Abwesenheit nicht mehr anzutreffen, doch denkste, denn die grosse Treppe vor der Bühne mit den eisernen Querstreben ab dem obersten Tritt in Richtung der vorderen Abschrankung war immer noch da! Holy moly, damit hatte ich jetzt nicht gerechnet, aber da mussten ich und der Rest der Fotographen-Truppe wohl oder übel durch.
Der heutige Abend war im Vorfeld als der letzte CH-Auftritt der britischen Rock-Legende Uriah Heep angekündigt worden, was so nicht ganz stimmt, denn heuer sickerte ja durch, dass Mick Box & Co. nächstes Jahr noch in Basel am "Summerstage Festival", zusammen mit der Manfred Mann's Earth Band, die definitive Kehraus-Runde drehen werden. Zumindest was Hallen-Auftritte angeht, stimmte die Affiche hingegen schon. Dass das X-TRA in diesem Zusammenhang ausverkauft war, erstaunte indes nicht und hatte womöglich auch etwas mit den Support-Bands zu tun. Heavy Pettin' und April Wine sah man hierzulande nicht oft, heisst ich bisher noch gar nie! Das geschürte Tour-Paket versprach somit einiges, und das sollte sich bald bewahrheiten. Da mit dem Zug angereist, sicherte ich mir ein aktuelles Tour-Shirt des Headliners wohlweislich schon vorab.
Heavy Pettin'
Die Truppe um Leadsänger Stephen "Hamie" Hayman, der heute noch mit dabei ist, legte anfangs der 80er einen guten Start hin und wurde, obwohl aus Schottland stammend, der NWOBHM zugerechnet. Mit der Single «Roll The Dice» (1982) schloss man stilistisch mitunter die Lücke zwischen den frühen Def Leppard und Praying Mantis. Bis mitte der 80er wurden Tourneen beidseits des grossen Teichs mit AC/DC, KISS, Ozzy Osbourne, Accept, Saxon und Mötley Crüe, später auch mit Magnum bestritten. Klingt eigentlich nach durchstarten, aber 1988, noch vor dem Release des dritten Albums «Big Bang», ging der Ofen bei Heavy Pettin' aus. Danach hörte man nicht mehr viel. 2007 erschien mit «Prodigal Sons» bisher unveröffentlichtes Material und in diesem Jahr, fast zwei Dekaden später, will man es mit «Rock Generation» offenbar nochmals krachen lassen.
Dass dem wirklich so ist, zeigte der Fünfer gleich mit dem flotten Opener «Rock Generation», dem Titeltrack des neuen Langeisens. Insgesamt bewegen sich die aktuellen Heavy Pettin' näher beim Hard Rock als dem Metal, das aber mit Schmackes. Den Spagat zurück zum Debüt «Lettin Loose» (1983) vollführte anschliessend «In And Out Of Love», wo Joe Elliott & Co. spürbar Pate standen. «Rock Ain't Dead» vom gleichnamigen Zweitling schlug in die gleiche Kerbe, wobei die (zu) schrillen Screams à la Vince Neil ausgelassen wurden. Spätestens bei «Sole Survivor», auch einer alten Nummer, müsste jedem aufgefallen sein, dass Backing Vocals eine tragende Säule der Band und gleichzeitig ein Markenzeichen sind. Die knappe, heisst viel zu kurze halbe Stunde endete mit zwei neuen Songs, die wirklich nicht von schlechten Eltern sind.
Setliste: «Rock Generation» - «In And Out Of Love» - «Rock Ain't Dead» - «Sole Survivor» - «Faith Healer (Kill My Demons)» - «Line In The Sand»
April Wine
Altersmässig liegen die Kanadier mit Gründungsjahr 1969 auf Augenhöhe mit Uriah Heep, konnten erfolgsmässig aber nicht mit den Briten mithalten. Bei mir trafen April Wine ebenso auf keinen fruchtbaren Boden, und ich weiss nicht mehr, wie viele Male ich «The Nature Of The Beast» (1981) im Plattenladen immer wieder mal gesehen und auch in den Händen gehalten hatte. Für einen Kauf dieses oder auch eines der anderen Alben gereichte es aber nie, und das hatte wohl auch seinen Grund. Höre ich mir die Mucke nämlich heute eingehend an, dann bot das Jahr 1981 halt diverse härtere Alternativen an, die mir damals eindeutig besser mundeten. Heisst die Truppe kam mir grundsätzlich viel zu lasch daher und damit war das Schicksal besiegelt. Als in Würde gealterter Hard Rocker und Metalhead greift nun halt die Altersmilde um sich.
Dazu kommt, dass das Ganze live immer einen Zacken schmissiger daherkommt, und so wurde ich bei meiner persönlichen Premiere mehr als angenehm überrascht. Angeführt von Frontmann Marc Parent (der Bandkopf und Gründer Myles Goodwin 2022 ersetzte), legten sich vor allem Gitarrist Brian Greenway (als dienstältestes Bandmitglied seit 1977) und Bassist Richard Lanthier (seit 2011) voll rein und zelebrierten einen erlesenen Querschnitt aus ihren besseren Werken zwischen Ende der 70er und anfangs der 80er. Selbst das auf Tonträger ziemlich ruhige «Just Between You And Me» entfaltete eine eigene Magie und überhaupt spielte die Band wie aus einem Guss heraus. Da kam beim gut unterhaltenen Publikum mit sichtlich höherem Altersdurchschnitt sehr gut an. Zurecht wurde der tolle Auftritt mit viel Applaus bedacht.
Setliste: «I Like To Rock» - «Anything You Want, You Got It» - «Say Hello» - «Enough Is Enough» - «All Over Town» - «Big City Girls» - «Hot On The Wheels Of Love» - «Before The Dawn» - «Just Between You And Me» - «Sign Of The Gypsy Queen (Cover Lorence Hud)» - «Roller»
Uriah Heep
Nach der Pflicht (der beiden überzeugenden Support-Bands) stand zum Schluss die Kür (des Headliners) an. Selbstredend, dass man sich nun auf einen weiteren oder eben den letzten Hallen-Gig von Uriah Heep freuen konnte, und es mutete schon etwas seltsam an, dass das Ende der Bühnenkarriere der britischen Rock-Icons in Sichtweite ist. Deshalb aber Trübsal zu blasen stand nicht zur Diskussion, heisst die beste Erinnerung an eine Band ist immer diejenige, wenn man es immer noch voll drauf hat und letztlich mit erhobenem Haupt abtritt. Das gilt vor allem für Gitarrist Mick Box, der mit Jahrgang 1947 und als einziges noch verbliebenes Original-Mitglied den wohlverdienten Ruhestand anpeilt. Allerdings ist der letzte Vorhang noch nicht gefallen, im Gegenteil, und so fackelte man nicht lange und liess den herrlichen Opener «Grazed By Heaven» in hellstem Licht erscheinen.
Dies gebührte mitunter dem Umstand, dass Frontmann Bernie Shaw keinerlei Schwächen zeigte und stets omnipräsnet war. Die Setliste versprach zur "The Magician's Farewell Tour" überdies Songs, die eher seltener live gespielt wurden, darunter «Sweet Lorraine» und natürlich das Prog-Epos «The Magician's Birthday». Ein Blick auf die untenstehende Setliste braucht nicht weiter kommentiert zu werden, alsdass die Essenz dieser Kult-Band in allen Belangen gewahrt wurde, auch wenn da natürlich noch viele der zahlreichen Song-Perlen fehlten. Nichtsdestotrotz liess man nichts anbrennen und lieferte erneut aber sowas von ab! Auch wenn es diesmal bei «July Morning» nicht zu feuchten Augen wie damals am "Bang Your Head!!! Festival" 2016 gereichte, blieb nach der obligaten Zugabe mit «Lady In Black» nichts als tiefempfundene Dankbarkeit an eine Legende.
Setliste: «Grazed By Heaven» - «Save Me Tonight» - «Shadows Of Grief» - «Stealin'» - «Hurricane» - «The Wizard» - «Sweet Lorraine» - «The Magician's Birthday» - «Gypsy» - «July Morning» - «Easy Livin'» -- «Sunrise» - «Lady In Black»


