Ein regnerischer Samstag im Oktober liess den Herbst in bester Tradition anklingen. Was gab es also Besseres, als ins Hallenstadion zu pilgern und die in den Staaten mit 5-fach Platin gesegneten Disturbed zu geniessen? Das erfolgreichste Album und zugleich das Debüt der Jungs um Sänger David Draiman wurde auf dieser Tour gebührlich gefeiert. Mit der "The Sickness 25th Anniversary Tour" gastierten die erfolgsverwöhnten Jungs in Zürich und kleckerten heftig.
Im Vorprogramm standen keine Geringeren als Dave Mustaine und seine Megadeth, die erst gerade einen Tag zuvor ihren neuen Track «Tipping Point» vorstellten und damit bewiesen, dass sie mit ihrem angekündigten Abschieds-Album einen mächtigen Knaller vom Stapel rollen lassen werden.
Megadeth
Man kann über den Gesang von Dave sagen was man will, aber stilprägend war er für den Sound von Megadeth. Auch an diesem Abend hielt sich "Mega-Dave" mit Ansagen zurück, bedankte sich aber nach der Show beim Publikum mit den Worten "you were great and we are Megadeth". Zusammen mit dem neuen Gitarristen Teemu Mäntysaari (Wintersun), stieg der Vierer auf die Bühne und brannte ein Feuerwerk vom Feinsten ab. Was Dave und Teemu gitarrentechnisch da raushauten, sucht seinesgleichen. Die Duelle und wie sie sich die Freiheiten nahmen und gaben zum Solieren, war absolut Champions League würdig. Auch wenn die Bühnen-Action von Teemu bedeutend zurückhaltender ist (was als Finne klar ist), als jene von Kiko Loureiro (was als Brasilianer auch klar ist), konnte der Mann aus Tampere bei den Fans dennoch bestens punkten.
Wie auch das eingespielte und geschmiert laufende Rhythmus-Gefüge mit James LoMenzo (ehemals White Lion) und Dirk Verbeuren. Während Dirk sein Spielgerät nach bester und spielfreudigster Arbeit vermöbelte und das Publikum immer wieder animierte, waren es die donnernden Bassläufe von James, der mit einem breiten Grinsen den Auftritt sichtlich genoss. Die Jungs spielten Hit um Hit und hielten während der sechzig Minuten Spielzeit trotzdem viele Klassiker im Koffer versteckt. Allein mit dem Auftakt «Wake Up Dead» (ohne grosses Intro), «In My Darkest Hour» und «Hangar 18» gewann der Vierer auf der ganzen Linie. Dieses Mal ohne grosse Inszenierung über Video-Screens, sondern frei nach dem Motto "let the music do the talking". Mit dem neueren «We'll Be Back» verfügten Megadeth zudem über einen unglaublichen Energieschub im Gepäck und überraschten mit «Mechanix» (vom Debüt-Album) sowie mit «Skin O' My Teeth».
Das grosse Finale wurde schiesslich mit dem weltbekannten Bass-Intro zu «Peace Sells» eingeläutet. Den Chorus dazu überliess Dave dem Publikum. Die lauten Chor-Gesänge erfreuten auch Vic Rattlehead, das Bandmaskottchen, welches erneut in seinem schwarzen Anzug auf der Bühne stand. «Symphony Of Destruction» und die obligate Schlussnummer «Holy Wars… The Punishment Due» beendeten einen sensationellen Gig, der vielleicht vor einem "falschen" Publikum stattfand, da der Sound von Disturbed doch zu "artfremd" ist (wie schon 2020, als sie mit Five Finger Death Punch im Hallenstadion spielten). Trotzdem liessen es sich die Megadeth Jünger (man sah unzählige Megadeth Shirts im Publikum) nicht nehmen, kleinere Circle-Pits zu starten und ihre Helden nach allen Regeln der Kunst abzufeiern.
Setliste: «Wake Up Dead» - «In My Darkest Hout» - «Hangar 18» - «Sweating Bullets» - «Skin O' My Teeth» - «We'll Be Back» - «Tornado Of Souls» - «Mechanix» - «Peace Sells» - «Symphony Of Destruction» - «Holy Wars… The Punishment Due»
Disturbed
Die Jungs aus Chicago liessen es sich darauf nicht nehmen und genossen die lautstarken Fan-Reaktionen während ihres Auftritts. Gut inszeniert wurde David in bester Hannibal Lecter Manier mit einem Schubkarren auf die Bühne befördert. Nachdem er sich seiner Zwangsjacke entledigt hatte, schritt er zum Mikrofon, und die folgenden Minuten gehörten komplett Disturbed und ihren Fans. Der Set war in zwei Parts aufgeteilt. Während der erste sich mit dem kompletten «The Sickness» Werk beschäftigte, wurde nach einer längeren Pause der zweite Teil mit einem «Best Of» eingeläutet.
Dabei war es speziell Bassist John Moyer, der mit seiner wilden Art das Publikum immer wieder animierte. Seine Hüpfsprünge (teils auch zusammen mit Gitarrist Dan Donegan) kamen energievoll rüber und ergänzten die eher "kühl" wirkende Bühnen-Präsentation von David. Dieser wusste aber genau, wie er mit dem Publikum umzugehen hatte und liess sich immer wieder feiern. Gleiches widerfuhr auch Maskottchen The Guy, welches seinen Auftritt als aufblasbares Getier hatte und die Fans fast zum Ausrasten brachte.
Das Debüt-Album wurde vom Publikum lautstark gewürdigt, auch wenn dieses in den Schweizer Charts nie die Top-100 erreichte, was zugleich bescheinigt, dass sich "Klassiker" auch über ein Vierteljahrhundert hinweg entwickeln können. Der offensichtlich grosse Anteil an ausländischen Fans liess das Hallenstadion zu einem energiereich aufgeladenen Ort werden. Disturbed enttäuschten keinen Besucher, klotzten mit grossen Feuersäulen, die sich mit der gigantisch wirkenden Lichtshow bestens ergänzten und hatten am Ende der Show alles richtig gemacht. Nicht nur mit dem sehnsüchtig erwarteten Cover von Simon & Garfunkel. «The Sound Of Silence» war aber für viele der Gänsehaut-Moment schlechthin und letztlich das, auf was viele gewartet hatten.
Setliste: «Intro - Back In Time (Huey Lewis And The News Song)» - «Intro - Spread The Sickness (25 Year Video Montage Intro)» - «The Sickness» - «Voices» - «The Game» - «Stupify » - «Down With The Sickness» - «Violence Fetish» - «Fear» - «Numb» - «Want» - «Conflict» - «Shout (Tears For Fears Cover» - «Droppin' Plates» - «Meaning Of Life» -- «I Will Not Break» - «Ten Thousand Fists» - «Bad Man» - «Land Of Confusion (Genesis Cover)» - «Indestructible» - «The Sound Of Silence (Simon & Garfunkel Cover)» - «The Light» - «Inside The Fire» - «Outro – Ring Of Fire (Johnny Cash Song)»