Ob die kürzliche Wiedervereinigung von Nailbomb dazu beigetragen hat, denn die zehn Tracks weisen eine deutlich industriellere Ausrichtung auf, entzieht sich meiner Kenntnis. Ein Fakt, der sich beim Opener «Storm The Gates» bemerkbar macht. Das Haupt-Riff des Tracks, was übrigens für die meisten weiteren des Albums auch gilt, ist rhythmisch, kernig und bildet den Grundstein für hämmernde Percussion und serielle Slogans, die die Platte sofort auf ein neues Level anheben. Diese aggressiven, industriellen Elemente treiben die erste Hälfte von «Chama» voran, bevor die Songs langsamer werden.
Derart, um in späteren Stücken wie «Favela/Dystopia» und «Always Was, Always Will Be...» albtraumhafte, totalitäre Szenen heraufzubeschwören. Glücklicherweise bleibt der Sound weitaus fokussierter, als bei Cavalera Conspiracys chaotischem Rückgriff auf den Industrialismus («Pandemonium»). Soulfly sind zunehmend, wie viele andere Konspirationen auch, zu einer Familien-Angelegenheit geworden, wobei «Chama» zahlreiche prominente Gastbeiträge enthält. Das reicht mal von Nails-Frontmann Todd Jones auf dem Hardcore-Kracher «Nihilist» über Arch Enemy-Gitarrist Michael Amott beim brutalen «Ghenna».
Weiter gehts zu Dino Cazares von Fear Factory, der angeblich auf «No Pain = No Power» zu hören ist, obwohl die untypisch melodischen Vocals eher nach Burton C. Bell klingen, wie auch immer. Die Scheibe hält eine konsistente wie berauschende Balance zwischen dem hinzugefügten Industrial-Groove und dem für die Band typischen Tribalismus bereit. Damit setzt Cavalera eine Tradition fort, und erzählt die Geschichte "eines Jungen aus den schmutzigen Favelas Brasiliens, der auf der Suche nach einer höheren Macht zu den Stämmen des Amazonas gelangt.
Dort weisen sie ihm den Weg hin zu den Seelen des Dschungels. «Chama» zündet nicht ganz so gut wie «Ritual» oder andere, wirklich bemerkenswerte Alben wie «Primitive» (2000), aber es reiht sich nahtlos in die Serie von Alben wie «Conquer» (2008) oder das selbstbetitelte Debüt-Album von 1998 ein. Max Cavalera wird wohl für immer an den frühen Sepultura-Alben gemessen werden, aber es ist eindeutig Soulfly, die sein fortdauerndes Vermächtnis ausmachen. Nach 27 Jahren und dreizehn Alben ist «Chama» eine Platte, die seinem Erbe durchaus würdig ist.
Oliver H.