Mit «Larvatus» haben Osi and the Jupiter ein sehr ruhiges, introspektives Album geschaffen, das sich irgendwo zwischen ritualistischem nordischem Folk, Ambient Americana und moderner Mythologie bewegt. Das Album, das über einen Zeitraum von fünf Jahren aufgenommen und verfeinert wurde, fängt die emotionalen Turbulenzen der Pandemie ein und destilliert sie in acht langsam brennenden Tracks, die Geduld und die Bereitschaft zum tiefen Zuhören erfordern.
Wie schon bei ihrer früheren Arbeit für die Netflix-Serie ‘Vikings’ evoziert die Musik windgepeitschte Landschaften, alte Riten und die unheimliche Stille vergessener Welten.
«Larvatus» geht tiefer: Es ist weniger eine Kampfhymne als vielmehr eine meditative Reise. Songs wie «Passage» und «Promethean Gallows» zeichnen sich durch sparsame Arrangements aus dröhnenden Celli, subtilen Percussions und Vocals aus, die eher als Textur denn als Erzählung dienen.
Der Vergleich mit den zurückhaltenden, von Tolkien inspirierten Werken von Howard Shore drängt sich ein wenig auf. Tracks wie «Wild Host» und «I Am the Howling Mountain» wirken wie Fragmente aus den Grauen Häfen: melancholisch, minimalistisch und zeitlos. Das Banjo, ein in diesem Zusammenhang vielleicht überraschendes Instrument, wird hier mit der traurigen Eleganz der Appalachen-Folkmusik eingesetzt. Es steht hier jedoch im Dienst der Feierlichkeit und niemals des Kitschs.
Gesang kommt auf dem Album nur selten vor. Wenn doch, wie in «Snake Healer» oder «Lurking Beneath the Pines», dann klingt er wie geflüsterte Gebete. Der Cellist Kakophonix spielt durchweg eine zentrale Rolle und webt emotionale Spannung in die ansonsten ruhigen Arrangements. Die Songs fliessen eher wie Kapitel eines Rituals als wie einzelne Stücke und verlangen ununterbrochenes, immersives Zuhören.
«Larvatus» ist sicherlich nichts für zwangloses Hören. Es ist ein spirituelles Album als ein konventionelles Musikalbum – eine Einladung zur Stille, Präsenz und Reflexion. Während die Wikinger die nordische Mythologie mit Feuer und Wut romantisierten, wendet sich «Larvatus» Asche, Wind und Bäumen zu. Obwohl es klangliche Affinitäten zu Empyriums Weiland und zu ambienten, tolkienesken Klanglandschaften aufweist, bleibt es tief in einer persönlichen, menschlichen Erfahrung verwurzelt. Nicht jeder wird die Geduld aufbringen, sich auf das langsame Ritual einzulassen, aber für diejenigen, die es tun, bietet «Larvatus» seltene Momente stiller Transzendenz.
Lukas R.