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Manche Alben passen zu einer bestimmten Jahreszeit und «Umbra», das zweite Album von ELLEREVE, ist zweifellos ein Herbst-Album. Es wirkt wie "unser" Adligenswiler Nebel, kahle Äste und die stille Schwere, die sich einstellt, wenn das Tageslicht schon ab 16:30 Uhr verblasst. Diese Musik ist nicht für sommerliche Helligkeit gemacht - ihre emotionale Schwere und kalte Schönheit entfalten sich nur, wenn sich die Welt nach innen kehrt.
Auf «Umbra» treibt Elisa Giulia Teschner ihr Projekt weiter in Richtung Post-Metal-Düsternis, ohne dabei die ätherische Sensibilität aufzugeben, die ihre früheren Werke geprägt hat. Das Ergebnis ist eine auffällige Dualität: Die Songs versinken in Schatten, um dann mit Klarheit und Kraft wieder aufzuerstehen. Ihre Stimme bleibt dabei das Leitmotiv: Sie ist zerbrechlich genug, um zu zerbrechen, und kraftvoll genug, um selbst die dicksten Gitarrenklänge zu durchdringen.
Die Palette des Albums ist breit: Atmosphärische Passagen treiben wie Nebel dahin, bevor sie doomlastigen Wellen, schwarzen Ausbrüchen und Momenten von fast popartiger melodischer Direktheit weichen. Tracks wie «Shores of Solitude» und «Irreversible» zeigen, dass Ellereve auch ohne laute Lautstärke zerstörerisch wirken kann. «The Veil of Your Death» entfesselt eine seltene Wildheit, die durch den Gastauftritt von Michael J. J. Kogler (Harakiri for the Sky/ Karg) noch verstärkt wird. «Unravel» mit David "Eklatanz" Conrad (Heretoir) neigt zu emotionaler Katharsis und erreicht eine Aufrichtigkeit, die nur wenige Bands dieses Stils erreichen.
Was «Umbra» auszeichnet, ist nicht die Härte, sondern die Ehrlichkeit. Die Produktion ist expansiv, ohne an Intimität zu verlieren, und das Songwriting ist ambitioniert, ohne ins Übertriebene abzudriften. Ellereve haben ein Album geschaffen, das sich gelebt, verletzlich und zutiefst menschlich anfühlt. Mir fehlen einfach noch die Killermelodien aber sonst ist es durchaus eine "coole" Scheibe.
Für Zuhörerinnen und Zuhörer, die sich zu Melancholie, Filmik und stiller Erdrückung hingezogen fühlen, ist «Umbra» ein Begleiter für lange, trübe Novembertage – und eine Erinnerung daran, dass manche Schatten nur im Herbst verstanden werden können. Und ich gehe nun mit meinem Hund im Nebel spazieren und höre mir dazu weiter Ellereve an.
Lukas R.