Der Titelsong gibt die Regeln vor: Eine spärliche, beinahe Americana-artige Melodie steigert sich zu einem ersten Bruch am Ende des Songs und weist damit auf die ständigen Überraschungen des Albums hin. «All Apart» macht die Androhung wahr - zarte Melodien blitzen unter einem Trommelsturm auf – während «There Is No Warmth» mit tiefen, bedrohlichen Motiven vor sich hin schleicht, bevor es in gezackten Akkorden explodiert.
«The Searing Glow» und «Hang Them In Your Head» sind die Momente des Albums, die einen wie ein Schlag treffen. Geduldige, gewundene Riffs brechen plötzlich hervor und der Gesang wechselt innerhalb eines Herzschlags von verletzter Klarheit zu voller Boshaftigkeit. Wenn die Band die Melodie kurz atmen lässt - wie in «A Plea» oder «Let Us Live» - fällt der letztendliche Zusammenbruch in den Lärm doppelt so hart zurück. Hier wird nicht jede Sekunde mit Härte vollgestopft, sondern die Härte wird durch Raum intensiviert.
Joe Claytons Produktion lässt den Raum um die Instrumente herum lebendig werden und verleiht jeder Eruption einen physischen Ruck, während das Zusammenspiel der Band disziplinierter denn je wirkt. Die Dynamik zieht sich wie ein roter Faden durch das Album: Es geht um Selbstzweifel, Entwurzelung und den Druck des modernen Lebens, ohne dass die Songs in einfache Parolen verfallen. Keyboards, Elektronik und ein Chor aus Gaststimmen erweitern die Palette, ohne die Härte zu nehmen.
Mit «This World Is Not My Home» – einer jahrhundertealten Hymne, die zu einem Statement der Andersartigkeit umgestaltet wurde – lassen Conjurer die Zuhörer eher in der Schwebe als beruhigt zurück. Man "gewöhnt" sich nicht an dieses Album, man erträgt seine Gezeiten. Dies, indem es den Sturz von der Ruhe in die Katastrophe annimmt, wird «Unself» genau das, was sein Titel vermuten lässt. Musik, die alles Überflüssige verbrennt, bis nur noch die blanken Nerven übrig bleiben. Ihr könnt es eine Heimkehr nennen, wenn Ihr möchtet, doch es ist ein Zuhause, das unter frischer Lava begraben ist.
Lukas R.