Mit knapp vierzehn Minuten starten die Dänen mit dem längsten Song namens «Kinship Elegiac», ein episches Meisterwerk, welches nach ruhigem Beginn immer mehr an Dramatik und Epik zunimmt und mit grandiosen Melodien voll punktet. Apropos Melodien: Sänger Jón Aldará lässt mich im folgenden «Mistland» ehrfürchtig vor meiner Stereo-Anlage auf die Knie sinken. Dabei wechselt er munter zwischen Klargesang und Growls, ohne dabei an Emotionen zu verlieren. Die spektakulärste Nummer hört auf den Namen «I Feel The Night» und lässt mich in Gedanken schlagartig durch vernebelte Wälder spazieren.
Der Gesang und die Melodien verpassen dem Zuhörer eine dicke Gänsehaut, und wer hier nichts fühlt, der dürfte klinisch tot sein. Iotunn können aber auch aufs Gaspedal treten, wie «Earth To Sky» eindrucksvoll beweist. Natürlich ist man ein Stück weit progressiv, aber eher was den Songaufbau angeht, denn auf komplexe Riffs und Breaks – nennen wir es Gefrickel – verzichtet die Band und an erster Stelle steht der Song. Dazu kommt die Gabe, dass sich das Material nicht abnutzt, denn auch nach dem zehnten Durchgang von «I Feel The Night» bleibt beispielsweise die Lust nach der Repeat-Taste.
Ein Vergleich hin zu anderen Truppen ist schwierig, denn in gewisser Weise erinnert «Kinship» an neuere Machwerke von Borknagar, vor allem was die erhabenen wie epischen Momente betrifft. Aber auch Insomnium und Enslaved dürfen hier genannt werden. Das zweite Album der Kopenhagener nimmt den Zuhörer auf eine musikalische Reise mit, die es in sich hat. Einziger, kleiner Kritikpunkt: Mit 68 Minuten ist das Album dann doch etwas gar lang geraten, gerade im Hinblick darauf, dass die zweite Hälfte ein wenig schwächer ausgefallen ist. Trotzdem wurde hiermit ein lohnenswerter Kaufanreiz geschaffen.
Rönu