Es bietet eine reichhaltigere, dynamischere Klangwelt, in der Folklore atmet, Schatten flüstern und jedes Instrument scheint, aus dem Wald geschnitzt zu sein, der es inspiriert hat. Er selbst nennt es Mythopoeic Folk. Die Stärke des Albums liegt in seiner erzählerischen Tiefe. Titel wie «Die Mær vom steinernen Mann» entfalten sich wie Miniatur-Sagen und verweben Akustikgitarren, Harfe und subtile perkussive Texturen zu einem Rhythmus, der an Jazzphrasierungen erinnert, ohne jemals den Bereich des Dark Folk zu verlassen.
An anderer Stelle umfassen «Holles Rat» und «Minnesang» eine traditionellere Neofolk-Wärme, getragen von Harmonien, die sich sowohl uralt als auch unmittelbar anfühlen. Doch «Lupus Viridis» ist nicht nur atmosphärisch, sondern auch emotional zielgerichtet. Das selbst erklärte Ziel des Projekts, Mythen als Metapher für Katharsis zu nutzen, kommt in Stücken wie «Vom Traum zur Pflicht» (mein Anspieltipp!) am stärksten zum Ausdruck. Dort treffen Introspektion und Natur-Mystik auf leise, aber kraftvolle Weise aufeinander.
Der Gast-Cellist Othello fügt eine willkommene Tiefe hinzu und verleiht mehreren Tracks einen cineastischen Unterton. Die Produktion wirkt organisch und nah - kein digitaler Glanz, nur Holz, Atem und Stille. Für Zuhörerinnen und Zuhörer, die düsteren Folk mit Substanz bevorzugen, der von Überlieferungen durchdrungen ist und dennoch in seiner Klarheit modern wirkt, ist «Lupus Viridis» eine sehr lohnenswerte Reise. Nicht auffällig, nie gehetzt - einfach schön und mit viel Würde erzählt.
Lukas R.