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05. und 06. September 2025, Hüttikon (ZH) - Hüttikerberg
By Rönu
Wieso liegt hier Stroh? Dieser Kultspruch wurde zum Running Gag am diesjährigen "Meh Suff". Heftige Regenfälle hatten das Gelände vorher aufgeweicht, und selbst am Freitag regnete es noch, so dass sich schon auf dem Parkplatz der Schlamm bemerkbar machte. Die fleissigen Helfer streuten deshalb auf dem ganzen Gelände grosszügig Stroh, weshalb der Hüttikerberg glücklicherweise nicht mit Wacken zu vergleichen war. Am Freitagnachmittag zeigte sich zum Glück die Sonne, und so präsentierte sich der Samstag ebenso von seiner besten Seite, weshalb einer weiteren starken Ausgabe nichts mehr im Weg stand. Nachdem der Zugang zum vorerst versperrten Fotograben geklärt war, konnte es mit der ersten Band losgehen.
Freitag, 05.09.2025 (Erster Tag)
Infestus
Da der Zeltplatz erst spät öffnete, waren viele Besucher noch mit dem Aufbau beschäftigt und verpassten deswegen den Auftritt der deutschen Black Metaller Infestus. Mit der Zeit kamen aber mehr und mehr Fans dazu, denn der straight gespielte, melodische Black Metal wusste zu früher Stunde zu überzeugen.
9 Dead
Die Amerikaner waren zusammen mit Viscral und Visceral Disgorge auf Tour und das gesamte Package machte auch einen Halt am Meh Suff. 9 Dead haben scheinbar ein Faible für schräge Intros, praktisch vor jedem Song klangen seltsame Geräusche durch die Boxen. Oder gibt es einen Metalhead der Haddaway abfeiert? Der dauervapende Sänger verlangte schon früh im Set nach einem Circle Pit und tatsächlich liessen sich ein paar Fans darauf ein. Der Mix aus Death, Hardcore und Slam ist zwar nicht jedermanns Sache, aber in Sachen Spielfreude gab es gar nichts zu bemängeln.
Ghörnt
Die Zeit war reif für die erste und einzige Schweizer Band am Freitag. Ghörnt bestehen ja eigentlich aus Drummer J. , der in gefühlt zwanzig anderen Bands auch noch spielt und Sänger Thulus (Asgard). Für Live Gitarrist Arawan war es eine Rückkehr, nachdem er letztes Jahr noch mit Causam auf der Bühne stand. Ghörnt singen auf Mundart, allerdings ist das Verstehen der Sätze im Black Metal ja eher schwierig, am Luzerner Dialekt sollte es jedenfalls nicht gelegen haben. Die Performance war äusserst stark, kein Wunder also, dass die Stimmung prächtig war.
Visceral Disgorge
Die folgende Band fiel danach bei mir völlig durch. Die fast pfeifenden Grunzgesänge von Sänger Travis waren für mich nur schwer zu ertragen. Doch die Anhänger von Brutal Death und Slam kamen dafür voll auf ihre Kosten. Mangelndes Engagement kann man den Jungs aus Baltimore ebenfalls nicht absprechen. So langsam füllte sich auch der Platz und der Moshpit sah nun schon deutlich besser aus, als noch bei 9 Dead.
Warmen
Die Band um Janne Wirman (Children Of Bodom) hat mit der Verpflichtung von Ensiferum Frontmann Petri Lindroos eine stilistische Kursänderung von eher neoklassischem Metal in Richtung Melodic Death der Marke COB vollzogen. Umso gespannter war ich auf den Gig der Finnen. Trotz einiger kleinen technischen Pannen zeigten Janne und Co., dass das Erbe von Alexi Laiho (verstorbener Sänger der Kinder vom Bodomsee) in guten Händen ist. Das eigene Material wurde ebenso wohlwollend aufgenommen wie die Bodom Cover-Versionen «Hate Me» und «In Your Face».
Hellripper
Mein persönliches Meh-Suff Highlight 2025 stand danach auf dem Programm. Nachdem der Schotte James McBain bereits am Iron Fest (und scheinbar auch auf dem Baden In Blut) alles in Schutt und Asche gelegt hat, war nun Hüttikon an der Reihe. 45 Minuten lang prügelten Hellripper ihren Speed-Black Metal in die Reihen, als ob es kein Morgen mehr gäbe. Ein Dauer-Mosphpit war die logische Folge, und so setzten die Jungs die Messlatte für die folgenden Bands schon exorbitant hoch. Schön auch, dass James danach noch im Gelände für die Fans da war.
Marduk
Panzer Marsch lautete die Devise, denn nun war die Reihe an der schwedischen Panzer-Division namens Marduk. Die Black Metal Veteranen spielten sich einmal quer durch die umfangreiche Diskografie und zeigten dass sie nichts verlernt haben. Noch immer sind die Jungs extrem brachial unterwegs und auch wenn sie mittlerweile auch routiniert ihre Salven ins Publikum ballern, ist Marduk live immer noch böse genug. Bei Bandklassikern wie «Christraping Black Metal», «The Blond Beast» oder der Zugabe «Panzer Division Marduk» war die Stimmung auf dem Höhepunkt.
Moonspell
Über die musikalische Klasse der Portugiesen dürfte es keine Zweifel geben. Trotzdem fand ich die Wahl des Headliners mutig und in der Tat wollte beim Gothic Metal der Funke nicht so Recht auf das zahlreiche Volk entfachen. Zwar spielten Moonspell auch ein paar ältere Songs, welche gut ankamen, dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass sich der Stimmungspegel rapide senkte und bei etlichen Metalheads die Müdigkeit überhand nahm. Moonspell waren beileibe nicht schlecht und phasenweise richtig stark, aber die abrupte Stiländerung von Marduk hin zu Moonspell war etwas zu krass.
Scar Symmetry
Mittlerweile war es schon fast Mitternacht und der Konsum von Bier, Drinks und Fast Food forderte seine ersten Opfer. So fand eine regelrechte Völkerwanderung in Richtung Camping Platz statt, aber zum Glück konnten die Schweden dann doch noch vor einer grossen Kulisse auftreten. Der technisch-komplexe Melodic Death wirkte noch einmal wie ein Aufputsch-Mittel, und so liessen sich auch Scar Symmetry von der Stimmung mitreissen und steigerten sich immer mehr in einen Spielrausch.
Viscral
Den undankbarsten Job an diesem Freitag hatten die Indonesier von Viscral inne. Weit nach 1:00 Uhr morgens waren nun nur noch die hartgesottensten Fans vor der Bühne, und auch der Autor dieser Zeilen konnte sich das Gähnen im Minutentakt nicht mehr verkneifen. Man wird halt nicht jünger. Stand man etwas hinten, vermischte sich der Brutal Death Metal mit den unsäglichen 90er Dance-Songs im Festzelt, was schon sehr seltsam klang. Viscral gaben sich redlich Mühe, hatten es aber wirklich nicht leicht als zehnte Band des Tages.
Samstag, 06.09.2025 (Zweiter Tag)
Kerberos
Als Metal Factory Cheffe Roxx und meine Wenigkeit in Richtung Eingang liefen, spielten Kerberos bereits ihren ersten Song. Also nichts wie los, um dann doch noch einige Fotos der Lokal-Matadoren zu schiessen. Symphonic Metal meets Death Metal, dazu eine progressive Ausflüge waren angesagt und Kerberos machten ihre Sache als Opener mehr als nur gut. Mit einer Prügeltruppe zu starten, wäre auch etwas zu früh gewesen.
Soulline
Gleich nochmals einheimisches Schaffen, diesmal aus dem Sonnenkanton der Schweiz. Nicht dass Kerberos zuvor etwa schlecht gewesen sind, aber Soulline waren dann doch noch ein ganz anderes Kaliber. Da merkte man die 25 Jahre Erfahrung zu jeder Sekunde. Auch die kleine, aber treue Fanbase macht auf sich aufmerksam. Da war nämlich eine riesige, aufblasbare Ananas in der ersten Reihe, welche mit Soulline Sprüchen verziert wurde. Die Tessiner waren druckvoll, spielfreudig und musikalisch grossartig.
Kassogtha
Um auch alle drei grossen Landes-Sprachen komplett zu machen, verpflichteten die Macher des "Meh Suffs" natürlich auch noch eine Band aus der Romandie. Kassogtha stammen aus Genf, und es war nach dem letztjährigen Auftritt bei "Rock The Lakes" ein Wiedersehen für mich. Kassogtha sind musikalisch zwar nicht meine Baustelle, aber der Truppe gelingt es mit ihren energiegeladenen Shows immer mehr Fans auf ihre Seite zu ziehen.
Korpse
Slam aus Holland stand mit Korpse auf der Speisekarte und damit auch die Rückkehr von Circle Pits auf dem Stroh vor der Bühne. Die Band liess sich selbst von technischen Problemen mit dem Mikro nicht unterkriegen und lieferte den hungrigen Brutal Death Fans genau das was sie wollten: Eine unbarmherzige Prügelei.
Disparaged
Wir bleiben beim Death Metal, der diesmal aber äusserst klassisch dargeboten wurde. Ähnlich wie Requiem letztes Jahr, sind die Schweizer schon lange aktiv und dementsprechend eingespielt. Das Bassist Rafahell (was für ein Nickname!) erst seit diesem Jahr zum Bandgefüge dazugestossen ist, merkte man auf der Bühne nicht. Nach dem letztjährigen starken Album «Down The Heavens» waren meine Erwartungen hoch und sie wurden glücklicherweise nicht enttäuscht.
Kraanium
Des einen Pech, des anderen Glück. Weil Gutrectomy ihren Auftritt kurzerhand absagen mussten, rutschten Kraanium im Billing nach vorne und konnten so vor deutlich mehr Fans auftreten. Das nutzten die Norweger aus und pfefferten für die Slam-Fraktion ein fettes Brett in die Menge. Kein Wunder, ergatterten sich nach dem Konzert doch einige begeisterte Anhänger ein Shirt der Band.
Myrkur
Was für ein Kontrast-Programm. Die Dänin Myrkur liess sich zwar etwas Zeit, legte dann aber eine Performance hin, die nicht nur einmal Gänsehaut verursachte. Natürlich, die Mischung aus Folk und atmosphärischem Black Metal dürfte vielen zu soft ausgefallen sein, denn die ruhigen, melancholischen Parts waren omnipräsent. Aber Myrkur besitzen eine dermassen grandiose Aura, dass sie für etliche nach unten fallende Kiefer sorgten. Es war keine ausgelassene Stimmung, aber der Applaus wirkte fast wie ungläubige Bewunderung für diese Diebietung.
Kanonenfieber
Tja und nun folgte der Headliner, der mich einmal mehr belehren sollte, dass man seine Vorurteile getrost in die Tonne schmeissen kann. Ich kannte zwar einige Songs, aber richtig begeistern konnte mich diese durch die Decke gehende Band nie. Das Bühnenbild war mit grossem Abstand das Aufwändigste des ganzen Wochenendes. An den Seiten der Drums zwei Kanonen, dazu Schützengräben am Bühnenrand. Das machte Eindruck. Als Noise und seine Gefolgschaft den Set mit «Menschenmühle» eröffneten, erreichte die Stimmung an diesem Tag ihren Siedepunkt. Was folgte, war zwar eine durchchoreographierte Show, welche aber bis zum letzten Ton absolut mitreissend war. Auch wenn die Pausen aufgrund der Kostüm-Wechsel zwischen den Songs am Anfang etwas den Fluss bremsten, am Schluss dürfte auch jeder Kritiker neidlos anerkennen, dass Kanonenfieber als Headliner die richtige Wahl waren.
Naglfar
Den Abschluss des diesjährigen "Meh Suff Festivals" bestritten dann die Black Metaller Naglfar aus Schweden. Ein wahres Urgestein des skandinavischen Metals, und dass die Band trotz ihres Alters (Gründung 1992) nichts von ihrer Faszination eingebüsst hat, bewiesen sie gleich von Beginn weg. Die grossen Augen von Sänger Kristoffer W. Olivius jagten einem nach wie vor einen Schauer über den Rücken. Auch wenn man, im Gegensatz zu Kanonenfieber, wieder locker durch die Massen wandern konnte, waren Naglfar ein würdiger Abschluss eines Festivals, welches wieder mal sehr vieles richtig machte. Einzig eine reine Thrash Metal Band hat mir dieses Jahr irgendwie gefehlt.