Donnerstag, 09. Oktober 2025

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Samstag, 20 September 2025 09:14

Rocknacht Tennwil - Hardline, Herman Frank's Legacy, Black Oak Country, The Order... Empfehlung

19. bis 20. September 2025, Tennwil
By Tinu (tin) und Rockslave (rsl)

Die Rocknacht Tennwil ist für mich, neben dem Brienzer Rock, das schönste Festival der Schweiz. Dies liegt einerseits daran, das selbst Regen dem Unterfangen keinen Strich durch die Rechnung machen kann (dem Zelt sei Dank) und andererseits die Veranstalter mit sehr viel Herzblut und gutem Musikgeschmack auch in diesen schwierigeren Zeiten immer wieder ein tolles Programm zusammenschustern.

Mit Hardline und Herman Franks Legacy zauberten die Damen und Herren sicherlich nicht die teuersten Headliner ans Tageslicht, dafür aber Bands, welche als Bank für gute Unterhaltung gelten und durch ihr musikalisches Können sowie dem grossen Hit-Arsenal nur auf der Gewinner-Spur fahren. Die sympathische Art von Urs Lüscher, der jede Band vorstellte, die freundlichen Damen und Herren an der Bar, es ist und bleibt eine Freude, der Rocknacht beiwohnen zu können. Darum rein ins Gewühl mit einem kurzen Rückblick auf einen Event, der zur absoluten Spitzenklasse gehört. (tin)

Freitag, 19. September 2025 (Erster Tag)

Felskinn
Das letzte Mal sah ich Andy Portmanns Baby in der Schüür in Luzern, und das war im April 2022, wo ich nach Corona erstmals wieder ein Konzert besuchte. Seither, also in diesen drei Jahren, ist einiges geschehen, denn heute Abend stand, neben Andy, eine komplett andere Band auf der Bühne! Die Kurzform der Geschichte lautet, dass die einstige Truppe kurz nach der Veröffentlichung des aktuellen Albums «Enter The Light» wegen einem Burnout des Frontmanns stillgelegt werden musste. Glücklicherweise gehört Letzteres der Vergangenheit an, und mit runderneuertem Line-up starten Felskinn, begleitet von der neuen Single «Remember My Name», wieder voll durch. Dass sie es nach wie vor drauf haben, bewiesen sie in der Folge als Opener der diesjährigen "Rocknacht Tennwil" und lieferten zum 20-jährigen Jubiläum einen energetischen Set ab, der die ganze Karriere, inklusive den Vorläufer Ain't Dead Yet, würdigte. (rsl)

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Gin Annie
Die moderne Hard Rock Band aus dem englischen Black Country wurde von den Cousins David Foster (v) und Byron Garbett (g) 2013 gegründet, die eine gemeinsame Leidenschaft für laute, energiegeladene Musik teilen. Nach einer ersten EP von 2018 folgte ein Jahr danach der erste Longplayer «100 % Proof», und bei dem blieb es, einige Besetzungswechsel inklusive, bis heute. Ich kannte die Truppe bisher nicht, und nach der « Still We Rise Tour» in der Heimat (Mai) wurden sie nun für die Rocknacht angeheuert. Der von zwei Gitarren ordentlich befeuerte Sound wurde durch den prägnanten Leadgesang von David unerbittlich nach vorne gepeitscht. Teilweise kamen mir The Almighty in den Sinn, obwohl deren Killer-Hooks bei Gin Annie nicht auszumachen waren. Trotzdem wurde das anwesende Publikum mobilisiert und bestens unterhalten. (rsl)

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Absolva
Die Begleitband des ehemaligen Iron Maiden Sängers Blaze Bayley machte genau das, was ich von ihnen erwartete. Sie liessen Tennwil vor Freude aufheulen. Dies nicht nur beim Black Sabbath Cover «Heaven And Hell», sondern auch mit ihren eigenen Songs. Jene, die strukturell dem klassischen Metal zugeordnet werden können, immer mit viel Groove vorgetragen werden und dank den Appleton Brüdern (Luke spielte vor einiger Zeit bei Iced Earth) mit absoluten Vorzeige-Musikern aufwartet. Das Zelt feierte das Quartett ab, applaudierte und schrie sich die Lunge aus dem Leib. Mit einem mehr als nur zufriedenen Lächeln verabschiedeten sich die UK-Boys von den Helvetiern und wussten, heute Abend konnten sie sehr viele Fans auf ihre Seite ziehen. (tin)

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Herman Frank's Legacy
Was sich zuerst als schwieriges Unterfangen erwies, nach Absolva auf die Bühne zu gehen, machte Wundergitarrist Herman Frank mit einem Riff zunichte. Die Stimmung war auch bei seiner Legacy sofort wieder da und zusammen mit seiner Frau Martina, Dyan (Bonfire) und Gianni (Victory) am Gesang, Michael (Running Wild) am Schlagzeug, Mike an der zweiten Gitarre (Victory) und Ingo am Bass, hat der Hannoveraner eine schlagkräftige Truppe zusammengestellt. Quer durch die Zeiten bei Accept, Victory, Iron Allies, Moon' Doc und seiner Solo-Karriere spielte sich die Band in die Herzen der Fans.

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Logischerweise war die Stimmung bei den Victory Tracks («Temples Of Gold», «Are You Ready», «Check's In The Mail") und den Accept Songs («Restless And Wild», «Balls To The Wall», «Burning») am Kochen. Herman bewies dabei einmal mehr, dass er einer der wenigen Gitarristen ist, die sich mit ihrer Spielart auszudrücken vermögen. Haut er in die Saiten, dann glühen diese und erzählen Geschichten. Aus diesem Grund war das Instrumental eine Mischung aus Virtuosität wie Feingefühl und hielt einen besonderen Gänsehaut-Moment für die Anwesenden bereit. Herman Frank und sein Ensemble zeigten sich als würdiger Headliner an diesem Abend und legten die Latte für den zweiten Tag verdammt hoch. (tin)

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Samstag, 20. September 2025 (Zweiter Tag)

Sevi
Symphonic Metal aus Bulgarien stand anschliessend mit Sevi auf dem Programm. Im Zentrum steht dabei Frontfrau Svetlana "Sevi" Bliznakova, und trotz ihres nach wie vor jugendlichen Antlitzes ist es kaum zu glauben, dass mitunter sie diese Band vor fünfzehn Jahren (!), zusammen mit Bassist Rally Velinov, gegründet hat. In der Heimat sehr bekannt, erarbeitete man sich ausserhalb als Support von Europe, Pretty Maids oder auch Evanescence ein breiteres Publikum. An mir ging dieser Kelch bisher allerdings vorbei, und somit liess ich das Ganze mal auf mich einwirken. Einiges erinnerte dabei an Delain (mit Charlotte Wessels), und obwohl die musikalischen Widerhaken bezüglich griffigen Hooks insgesamt etwas rar gesät waren, überraschte die agile Performance mit positiver Ausstrahlung und der Gastauftritt von Johnny Gioeli. (rsl)

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The Order
Auf dieses Konzert freute ich mich am meisten, denn seit Frontmann Gianni Pontillo 2021 bei der deutschen Hard Rock Institution Victory eingestiegen ist, liegen The Order auf Eis. Das sechste und bisher letzte physische Studio-Album «Supreme Hypocrisy» erschien 2020 und das letzte Lebenszeichen war die digitale EP «Out Of Order» (2021). Was nun noch kommen wird, respektive die Zeit zulässt, wird sich weisen, aber die livehaftige Wiederauferstehung mit den weiteren beiden Ur-Members Bruno Spring (g) und Mauro Casciero (d) und Neu-Bassist Alain Schwaller (der Andrej Abplanalp ersetzte) blieb sich nichts schuldig. Von Anfang an legte die nach wie vor arschtight aufspielende Truppe wie die Feuerwehr los und hinterliess nur noch Schutt und Asche. Kein Wunder schnappte sich Herman Frank Master Pontillo, der schon am Vortag mit HFL zu brillieren vermochte! Für mich ist Gianni das diesjährige Highlight in Tennwil schlechthin. (rsl)

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Black Oak County
Dänen lügen bekanntlich nicht, so auch nicht Black Oak County, die mir ihrem wilden, Arsch tretenden Hard Rock, mit einem Schuss neuen Sounds und drei Schüssen Punk, den Anwesenden mal kurzerhand den Arsch versohlten. Für die weiblichen Zuschauer war der Anblick von Leadgitarrist Jack Svendsen ein Augenschmaus, als er sich seiner Lederjacke und dem T-Shirt entlediget. Daneben war es der immer grinsende Bassist René Kristensen der sich den Gesang mit Gitarrist Niels Beier teilt und die Fans animierte vor dem letzten Song laut Zugabe (auf Deutsch) zu rufen. Tennwil war begeistert, feierte das Quartett ab und die Jungs machten bei ihrem ersten Schweizer Auftritt beste Werbung in eigener Sache. (tin)

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Hardline
Dann lag es am Headliner, Tennwil kurzerhand in ein musikalisches Traumland zu versetzen. Anstelle von Anna Portalupi stand der ehemalige Primal Fear Bassist Alex Jensen auf der Bühne und fuhr dank seiner Spielweise mit Plektrum einen druckvolleren Bass-Sound auf. Etwas, das dem Sound vom Hardline guttat, da sich die Band heute Abend ohne Keyboarder Alessandro Del Vecchio präsentierte. Zusammen mit den Wunder-Gitarristen Luca Princiotta (er hatte seine Familie dabei und sein Sohn feierte am Sonntag seinen sechsten Geburtstag) waren die beiden für die Saitenfraktion verantwortlich. Allein was Luca bei seinen gefühlvollen Solos ablieferte, sucht in der heutigen Zeit seinesgleichen. Wie auch Bandleader Johnny Gioeli, der nicht nur mit seinem Gesang bei «Who Wants To Life Forever» Veranstalter Urs die Tränen in die Augen trieb.

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Johnny ist und bleibt der Motor auf der Bühne, flirtet mit jeder Person, macht seine Spässe, singt wie ein Gott und bewegt sich unermüdlich auf der Stage. "Meine Deutschkenntnisse sind kaputt" erwähnte der Sympathikus, um sich sogleich bei den Fans zu bedanken, dass sie ihm dieses Musikerleben ermöglichen. Gänzlich ohne Star-Allüren, dafür mit ganz viel Lockerheit und Sympathie liess Johnny diese Hardline Show zur einer der besten in diesem Jahr werden. Wer mit solch goldenen Stimmbändern gesegnet ist, kann nur gewinnen. (tin)

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Bloody Horseface
Tja und dann kam der Rausschmeisser, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich weiss, dass es eine Cover-Band nicht immer einfach hat, speziell nicht, wenn man sich an die grossen Bands wie KISS, Megadeth, Iron Maiden, Manowar, W.A.S.P. oder Judas Priest heranwagt. Der Fünfer teilte die Fans vom ersten (schiefen) Ton an in zwei Lager. Die einen, welche sich nochmals die Party-Mütze volllaufen liessen und die anderen, welche das Festival kopfschüttelnd wie frühzeitig verliessen.

Dass man mit «Warriors Of The World» und «Fear Of The Dark» trotzdem kaum was falsch machen kann und die noch verbliebenen Fans die Fäuste in die Höhe reckten, respektive laut mitschrien, liess den Musikern ein Grinsen auf die Lippen zaubern. Für eine würdigen Abschluss eines ansonsten sehr unterhaltsamen und grandiosen Festivals schienen Bloody Horseface in meinen Augen allerdings die falsche Besetzung zu sein. (tin)

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