Montag, 07. Juli 2025

Metal Factory since 1999

Samstag, 21 Juni 2025 06:45

Wie J.R.R. Tolkien, der Vater vom Hobbit und Herr der Ringe Epos, zeitgenössische Rock-Musik beeinflusste (Teil 4)

Von Lukas O. Ritzel, 2025 für Metal Factory
Coverbild bei Sepide Donne (2025)

8. Eldamar
Elbische Echos von Mittelerde in atmosphärischem Black Metal.
Mathias Hemmingby, der Musiker hinter dem norwegischen Projekt Eldamar, verbindet atmosphärischen Black Metal mit epischen, tolkienesken Klanglandschaften. Seine Inspiration für das Projekt entstammt ursprünglich den ‘Der Herr der Ringe’-Filmen und insbesondere der Musik von Howard Shore, deren ästhetische Wirkung ihn nachhaltig prägte. Aus dieser Begeisterung entstand der Wunsch, Black Metal mit einer ‘schönen Atmosphäre’ zu verbinden – eine Kombination, die das Fundament von Eldamar bildet.

Zentrales thematisches Motiv ist für Hemmingby die Welt der Elben, die er als eine weise, alte und von zeitloser Schönheit erfüllte Rasse beschreibt. Auch die Unsterblichen Lande erscheinen ihm wie ein musikalisches Symbol für eine Art Himmel. Diese Bilder spiegeln sich in den melodischen Strukturen seiner Musik wider – insbesondere in früheren Veröffentlichungen, bei denen Tolkien als konzeptioneller Leitfaden diente.

Sein wohl persönlich bedeutendstes Stück ist «Spirit of the North», das erste vollständige Lied, das er komponierte. Viele Hörer hätten ihm geschrieben, dass seine Musik ihnen durch schwere Zeiten geholfen habe – eine Resonanz, die ihn berührt und in seinem Schaffen bestärkt. Obwohl Eldamar auf neueren Alben auch mit anderen Konzepten arbeitet, bleibt die musikalische Sprache stark von Tolkien beeinflusst. Hemmingby experimentiert derzeit mit orchestralen Elementen, die in zukünftigen Werken stärker zum Tragen kommen sollen. Auch wenn zum Beispiel das Album «The Astral Journey» eine thematische Abweichung darstellt, sind die melodischen Grundmotive weiterhin vom Geist Tolkiens durchzogen.

Für Hemmingby sind Tolkiens Geschichten zeitlos: Ihre Themen wie Hoffnung, Gut gegen Böse und die Suche nach dem Licht verlieren nie an Relevanz. Sie leben weiter, nicht nur in Büchern, sondern auch im Klang von Eldamar.

Eldamar - Spirit Of The North - Live Metal "Open Aire" Full HD


9. Ainur
Die italienische Progressive-Rock-Band Ainur ist seit 2006 ein Eckpfeiler der von J.R.R. Tolkien inspirierten Musik. In meinem Interview mit Marco und Alessandro, zwei Mitgliedern der Band, sprachen sie über die tiefe Verbindung zwischen ihren Kompositionen und den Werken von J.R.R. Tolkien – eine Verbindung, die Ainur seit ihrer Gründung im Jahr 2004 prägt. ‘Alles begann, als ich als Kind zum ersten Mal Tolkiens Bücher las – wie viele andere war ich sofort begeistert’, erinnert sich Marco. Diese Leidenschaft hielt an und als die Band gegründet wurde, war das Ziel klar: ‘die Liebe zu Tolkiens Welt in Musik umzusetzen’. Für Alessandro kam der Funke jedoch aus einer noch direkteren Quelle: den ersten Seiten von dem ‘Silmarillion’. ‘Tolkien schreibt, dass die Welt durch die Musik der Ainur erschaffen wurde. Das ist ein ziemlich kraftvoller Ausgangspunkt, nicht wahr?’ Dieses Konzept wurde zur Grundlage ihrer musikalischen Reise – ein Versuch, die Erschaffung von Mittelerde selbst akustisch widerzuspiegeln.

Ainurs Ambitionen sind monumental: Sie wollen Musik komponieren, die die Weite und Komplexität von Tolkiens Mythologie einfängt. ‘Wir waren von der Herausforderung angezogen, ein musikalisches Universum zu schaffen, das so weit und reich ist wie das, das Tolkien sich vorgestellt hat’, erklärt Marco. Beide Musiker sind sich einig, dass Tolkiens Werk vor allem durch seine universelle Menschlichkeit so zeitlos ist. "Tolkien spricht die grossen Themen der Menschheit an: Liebe, Loyalität, Respekt, Familie, Ehre’, bemerkt Marco." Das sind zeitlose Werte, ewig, universell und zutiefst bewegend."

Dieser emotionale Kern ist die Triebfeder für den kreativen Prozess der Band und prägt sowohl den Inhalt der Texte als auch die Struktur ihrer Kompositionen. Marco ist besonders fasziniert von der epischen und emotionalen Kraft von Tolkiens Schlachten und inneren Konflikten. "Musik zu komponieren, um diese Atmosphären wiederzugeben, ist unglaublich inspirierend, es ist wie malen mit Klängen." Alessandro fügt hinzu, dass einer der lohnendsten Aspekte der Arbeit mit Tolkiens Texten darin besteht, dass sie immer wieder überraschen und neue Tiefen offenbaren. "Der Versuch, alle Geschichten Tolkiens in Musik zu fassen, hat uns viele Nuancen und Details entdecken lassen, die uns zuvor nicht aufgefallen waren."

Auf ihrer Reise hatte die Band Ainur die Gelegenheit, mit namhaften Künstlern wie Ted Nasmith, Derek Sherinian und Roberto Tiranti zusammenzuarbeiten – Verbindungen, die durch die gemeinsame Liebe zu Tolkiens Welt entstanden sind. ‘Jedes Mal, wenn wir diese Emotionen mit Menschen teilen können, ist das etwas ganz Besonderes’, erinnert sich Alessandro. Auf die Frage nach ihren persönlichen Lieblingsstücken nennen beide Musiker Songs, die ihre Herangehensweise an Tolkiens Komplexität widerspiegeln. Marco wählt «The Time Beyond» aus dem Album «Lay Of Leithian» aus und bezeichnet ihn als "unsere höchste musikalische Leistung".

Er beschreibt den Song als eine Mischung aus Progressive Rock, orchestralen Elementen und komplexen Arrangements.

AINUR - The Time Beyond (Live 2012)


Alessandro stimmt der Stärke des Albums zu, nennt aber «Kinslaying (The First)» aus dem Album «War Of The Jewels» als sein Lieblings-Stück. Der Track beginne, so sagt er, eine Erkundung des Konflikts zwischen den Elfen und weise "Einflüsse von Frank Zappa" auf, indem er Progressive Rock mit cineastischer Orchestrierung verbinde. Zudem ist dies ein Song wo auch Tolkien Illustrator und Musiker Ted Nasmith mit kollaboriert.

AINUR - Kinslaying (The First) ft. Ted Nasmith


Die Musik von Ainur ist stark von zentralen Motiven aus Tolkiens Werk geprägt, insbesondere von Themen wie Heldentum, Mythologie und Opferbereitschaft. In ihrer Herangehensweise orientieren sie sich am Aufbau filmischer Klanglandschaften, bei denen die Musik nicht nur untermalt, sondern aktiv erzählerische Funktionen übernimmt. Dabei spielt die orchestrale Kompositionsweise eine zentrale Rolle. Gleichzeitig ermöglicht der Progressive Rock der Band eine grosse stilistische Bandbreite: Kraftvolle Passagen setzen sie beispielsweise mit Gitarren und schweren Riffs um, während sie intime Momente durch den Einsatz von Streichern, Flöten oder Klavier gestalten. Trotz dieser kreativen Tiefe und Begeisterung äussern die Musiker eine gewisse Skepsis hinsichtlich der zukünftigen Rolle Tolkiens in der Musik.

Alessandro äussert sich besorgt, dass sich die heutige Kultur von Fantasie und Vorstellungskraft entfernt. ‘Die Menschen träumen nicht mehr, lesen nicht mehr und stellen sich nicht mehr vor, in einer fantastischen Welt zu leben’, beklagt er. Für Ainur geht die Reise jedoch weiter, beide sind sich da einig. ‘Wir werden uns unser Leben lang von Tolkien inspirieren lassen, denn wir haben eine Mission: Wir wollen das Silmarillion in Musik übersetzen und mit dem gesamten Ainulindalë abschliessen. Es wird eine lange Reise, aber wir sind bereit dafür.’ Wenn man im deutschen Sprachraum über Musik zum Thema Tolkien redet, kann man Erik Tönshoff nicht auslassen.


10. Lindimaitar
Erik Tönshoff aka Lindimaitar. Der Hofkomponist der Deutschen Tolkien Gesellschaft. Der Musiker Lindimaitar hat sich mit seiner von J.R.R. Tolkien inspirierten Klavier Musik, dies ganz im Sinne eines Rick Wakeman, einen besonderen Platz in der deutschen Tolkien-Community erarbeitet. Liebevoll als der ‘Hofkomponist der Deutschen Tolkien Gesellschaft’ bekannt, komponiert er emotionale Stücke, die tief in der Mythologie Mittelerdes verwurzelt sind. Seine musikalische Auseinandersetzung mit Tolkien begann im Jahr 2017, als er nach einer erneuten Lektüre des "Silmarillion" mehrere Lieder zur Geschichte von "Beren und Lúthien" schrieb, darunter auch welche über "Doriath" und die "Jagd auf Carcharoth". Die Idee, die grossen Handlungspunkte dieser Erzählung musikalisch umzusetzen, führte schliesslich zu seinem ersten Album.

Der Titel «Hofkomponist» entstand zunächst scherzhaft, nachdem eine von Lindimaitar geschriebene Vereinshymne bei einer DTG-Präsentation verwendet wurde, doch die Bezeichnung blieb haften. Ein Schlüsselmoment war sein erster öffentlicher Auftritt bei einem DTG-Thing: Mehrere Zuhörerinnen waren so berührt, dass sie weinten. Das bestärkte ihn darin, seine Musik weiterhin öffentlich aufzuführen, unter anderem bei den Tolkien Tagen in Geldern. Sein Konzert dort, bei dem Myk Jung vor jedem Lied die passende Textstelle aus diversen Büchern Tolkiens liest, gehört zu den Standards bei der weltweit grössten Tolkien-Veranstaltung.

Lindimaitar erzählt im Interview, wie Tolkiens Schreibstil in ihm starke Bilder und Emotionen auslöst, die er dann in Musik übersetzt. Besonders faszinieren ihn bei Tolkien die Dualitäten, wie die von Gollum und Sméagol, die er musikalisch als Kontraste verarbeitet. Sein Stück «Minas Morgul» gehört zu den Kompositionen, die er immer wieder live spielt, einfach weil sie ihm selbst, und seinen Fingern, besonders gut gefallen.

Derzeit arbeitet Lindimaitar an seinem fünften Album «Die Notensümpfe» und bereitet sich auf kommende Konzerte vor. Zudem steht eine weitere grosse Vertonung im Raum, diesmal möglicherweise zu Die ‘Kinder Húrins’ – ein Projekt, das er als gewaltige Herausforderung versteht, aber nicht ausschliesst. Lindimaitar Musik wird in bei einem vielgehörten Tolkien bezogenen PodCasts als Jingle und Outro verwendet (‘Tollkühn’) und im TolkCast der Deutschen Tolkien Gesellschaft werden seine Werke gespielt und im Detail besprochen. Somit kennt seine Musik wohl einige der sich Tolkien auch in Podcasts zuhause fühlt.Ich selbst durfte Erik und seine musikalische Interpretationen von Mittelerde wieder einmal während den Tolkien Tagen (2025) auf der Haupttribüne erleben, wo er seine Musik zusammen mit dem Künstler Myk Jung als Vorleser zelebrierte.

Die Wargreiter | Tolkien inspirierte Musik | DTG


Zwischen Bild und Klang: Der Spezialfall Ted Nasmith als Tolkien-Illustrator und Musiker
Wenn von Tolkien-Illustrationen die Rede ist, fallen meist zuerst die Namen John Howe und Alan Lee. Doch es gibt einen Dritten im Bunde, der über Jahrzehnte hinweg mit einer eigenen Handschrift das Bild Mittelerdes geprägt hat: Ted Nasmith. Was ihn besonders macht, ist nicht nur seine Bildsprache, sondern auch die Tatsache, dass er einer der wenigen renommierten Tolkien-Künstler ist, die sich auch musikalisch mit dem Werk J.R.R. Tolkiens auseinandersetzen.

Nasmiths Illustrationen zeichnen sich durch eine klare, fast romantisch-idealisierte Landschaftsästhetik aus. Während Howe das Dramatische und Lee das Atmosphärische suchen, bevorzugt Nasmith das Licht, die architektonische Struktur und das Erhabene. Seine Darstellungen von Gondolin, Menegroth oder Beleriand wirken wie Gemälde aus einer verlorenen, beinah biblischen Welt.

Christopher Tolkien selbst entdeckte Nasmiths Werk für die Buchausgabe vom ‘Silmarillion’ und engagierte ihn für die Illustrationen. Damit wurde Nasmith zum offiziellen Beiträger zur bildlichen Vision des Tolkien-Kosmos – nicht nur durch Kalender, sondern auch durch illustrierte Ausgaben von dem ‘Silmarillion’ und ‘Der Hobbit’. Doch Nasmiths Auseinandersetzung mit Tolkien endete nicht am Zeichenbrett. Bereits seit den frühen 2000er-Jahren veröffentlicht er als Singer-Songwriter Musik, die von Mittelerde inspiriert ist. Sein Album «The Hidden Door: Songs in the Key of Enchantment» (2007) enthält mehrere Lieder mit direkten Tolkien-Bezügen.

Musikalisch bewegt er sich im Bereich des progressiven Folkrocks mit Einflüssen aus klassischen Songwriter-Traditionen und keltischer Melodik. Die Lieder sind keine simplen Nacherzählungen, sondern poetische Reflexionen über Themen wie Verlust, Sehnsucht, Natur und Mythos. Es ist Musik, die dieselbe Ehrfurcht ausdrückt wie seine Bilder: eine Feier des Erhabenen.

Was Nasmith besonders macht, ist die Verknüpfung zweier künstlerischer Ebenen. Während viele Tolkien-Künstler entweder bildlich oder musikalisch arbeiten, tut er beides. Und das nicht als Zufall oder Nebenprojekt, sondern aus tiefer Überzeugung. Seine Musik spricht denselben Geist an wie seine Malerei: die Ästhetik des Erhabenen, des Lichts und des Inneren. In einer Welt, in der Tolkien-Adaptionen oft ins Spektakuläre kippen, erinnert uns Ted Nasmith daran, dass Mittelerde nicht nur laut und episch, sondern auch still, lichtdurchflutet und von musikalischer Feinheit durchzogen sein kann.

The Hidden Door: Songs In The Key Of Enchantment.

Hier anhören: https://tednasmith.bandcamp.com/album/the-hidden-door-songs-in-the-key-of-enchantment  


Es gibt aber auch andere Bands und Musiker, die zwar nicht ihr ganzes Werk Tolkien gewidmet haben aber immerhin schon ein oder zwei Alben. Hierzu gehört zum Beispiel Bob Catley. Eine symphonische Rock-Hommage an Tolkiens Vermächtnis Bob Catleys Soloalbum «Middle Earth» ist eine herzliche und ambitionierte Hommage an die mythische Welt von J.R.R. Tolkien. Tief inspiriert von ‘Der Herr der Ringe’ hat Catley gemeinsam mit seinem langjährigen kreativen Partner Gary Hughes ein Album geschaffen, das die emotionale und thematische Essenz von Tolkiens Werk einfängt. Anstatt die Erzählung wörtlich nachzuerzählen, erkundet das Album den Geist der Figuren und die emotionale Reise der Geschichte durch kraftvollen, melodischen Rock, der mit orchestralen und folkigen Elementen durchsetzt ist.

Jeder Track ist von entscheidenden Momenten und Figuren aus Tolkiens Legendarium inspiriert. Songs wie «The Fellowship» feiern die Einheit und den Mut der zentralen Heldengruppe, während «The Wraiths of the Ring» die unheimliche Bedrohung durch die Nazgûl vermittelt. «The End Of Summe» wiederum taucht in die inneren Konflikte von Frodo und die ätherische Anziehungskraft von Galadriel ein. Die Musik umfasst mitreissende Melodien und dramatische Arrangements, um die Grösse, Trauer und den Triumph im Herzen von Mittelerde zu evozieren. Catley, bekannt als die Stimme von Magnum, bringt ein tiefes Gefühl von Respekt und Ehrfurcht für das Material mit. Er spricht von Tolkiens Werk als einem lebenslangen Einfluss, der seine künstlerische Sichtweise von klein auf geprägt hat.

Das Projekt, das er lange mit Hughes diskutiert hatte, erschien ihm als einmalige Gelegenheit, der mythischen Tiefe und emotionalen Resonanz von Tolkiens Welt eine musikalische Stimme zu verleihen. Musikalisch zeichnet sich «Middle Earth» durch die Verschmelzung von Rock-Energie mit klassischen Motiven aus. Hughes, der die Musik des Albums komponierte, erklärt, wie Tolkiens komplexe Weltgestaltung ihn dazu inspirierte, das Songwriting wie einen Wandteppich anzugehen: verwoben und weitläufig. Das Ergebnis ist eine Reihe von Tracks, die sowohl episch als auch intim wirken und die Spannung zwischen persönlichen Kämpfen und legendären Dimensionen einfangen, die Tolkiens Geschichten auszeichnen.

Das Album wurde mit dem Ziel geschaffen, sowohl Tolkien-Fans als auch Liebhaber des melodischen Rocks anzusprechen. Es ist in den Traditionen des klassischen Rock verwurzelt, erweitert aber seine emotionale Palette durch reichhaltige Arrangements und erzählerische Texte. Catelys Performance zeichnet sich durch emotionale Nuancen und eine klare persönliche Verbindung zum Material aus. Dadurch erhält das Album eine Authentizität, die über eine blosse Adaption hinausgeht. «Middle Earth» ist letztlich eine seltene und aufrichtige musikalische Hommage an Tolkien – ein Album, das die Vorlage respektiert und gleichzeitig eine eigene künstlerische Interpretation hinzufügt. Es bietet den Zuhörern eine immersive Reise in die Klangwelt von Mittelerde, die den zeitlosen Kampf zwischen Licht und Schatten auf einzigartige Weise einfängt.

City Walls - Bob Catley (Battle for Helms Deep)


Glass Hammer
Eine weitere Band, die zwar nicht ausschliesslich Tolkien Musik schreibt aber wohl die einzige ist, die durch die ‘Tolkien Society’ ausgezeichnet wurde ist Glass Hammer.
Glass Hammer – Tolkiens Einfluss im Symphonic Progressive Rock. Die Band Glass Hammer, die in mehreren ihrer Alben Tolkien-Themen aufgreift, äusserte sich dazu in meinem Interview zum Thema Tolkien – dabei kam Folgendes zur Sprache:

Steve Babb, Mitbegründer und Bassist der amerikanischen Progressive Rock Band Glass Hammer, verbindet seit Jahrzehnten seine Liebe zur Musik mit seiner Begeisterung für J.R.R. Tolkien. Bereits in den 1970er Jahren entdeckte er "Der Hobbit" und "Der Herr der Ringe" für sich, ein Erlebnis, das ihn nachhaltig prägte. Besonders faszinierte ihn das Zusammenspiel von epischer Erzählweise und spiritueller Tiefe, das ihn in seiner künstlerischen Laufbahn inspirierte. Mit dem Song «Rivendell» der Band Rush entdeckte er ausserdem den Progressive Rock, wodurch sich für ihn Musik und Mittelerde untrennbar miteinander verbanden.

Das erste Glass-Hammer-Album «Journey Of The Dunadan» aus dem Jahr 1993 ist ein Konzept-Album über Aragorn, den Waldläufer aus dem Norden, eine direkte musikalische Hommage an Tolkiens Welt. Babb schrieb bereits früh Fantasy-beeinflusste Musik über den Kampf zwischen Gut und Böse, die auf diesem Album erstmals professionell umgesetzt wurde.

Auch das humorvolle «The Middle Earth Album» ist von Tolkien inspiriert. Darauf finden sich akustische Stücke im Stil eines fiktiven Live-Auftritts im «Gasthaus zum Tänzelnden Pony», darunter der Fanliebling «Dwarf and Orc». Trotz der stilistischen Abweichung vom typischen Progressive Rock wurde das Album von Tolkien-Fans begeistert aufgenommen.

Besonders wichtig ist Babb der Song «Mythopoeia» vom Album «The Breaking of the World», eine musikalische Auseinandersetzung mit Tolkiens gleichnamigem Gedicht. Er spiegelt Babbs persönliche Sicht auf Kunst und Schöpfung wider, die von Tolkiens Konzept der Subkreation inspiriert ist. Für seine Tolkien-bezogene Musik wurde Glass Hammer sogar mit dem "Imperishable Flame Award" der Tolkien Society ausgezeichnet. Trotz fehlender konkreter Pläne für neue Mittelerde-Alben bleibt die Idee eines musikalischen Abenteuers durch die Gasthäuser des Auenlands für Babb eine reizvolle Vision und wer weiss eventuell ist Album Nummer #28 wieder ein Tolkien-Album.


Song Of Dunadan - Glass Hammer

 

"...Es schallt auch nicht nur Summoning von unserem östlichen deutschsprachigem Nachbarn..."

Rivendell
Österreich, ein Land mit alpinen Ausblicken und mythischer Resonanz, nimmt seit langem einen besonderen Platz in der von Tolkien inspirierten Musik ein. Während die legendäre Band Summoning oft als prägende Kraft des atmosphärischen Black Metal bezeichnet wird, der in den Schatten Mittelerdes versunken ist, hat ein weiteres Projekt still und leise einen poetischen und eindringlichen Weg durch dieselbe literarische Landschaft eingeschlagen: Rivendell.

Gegründet vom Multi-Instrumentalisten Gerold Laimer, der unter dem Pseudonym Falagar bekannt ist, tauchte Rivendell Ende der 1990er Jahre mit Alben wie «The Ancient Glory» und «Elven Tears» auf. Diese Alben schöpfen direkt aus Tolkiens Gedichten. Ihre Musik ist intim und melodisch, oft introspektiv. Sie zeichnet sich durch Instrumente wie Flöten, Mandolinen und vielschichtige akustische Texturen aus – Elemente, die im Black Metal selten zu hören sind. Songs wie «The Song of Nimrodel» oder «Malbeth the Seer's Words» wirken eher wie Rezitationen unter sternenklaren Bäumen als wie Kampfgesänge vor den Toren Mordors.

Nach fast zwei Jahrzehnten der Stille seit Farewell: «The Last Dawn» erschien Rivendell mit «Unsung Tales» erneut und festigte damit seinen Platz im musikalischen Kosmos Tolkiens. Doch erst Anfang 2025 signalisierte das Projekt mit der Veröffentlichung der Single «The Shadow-Folk» seine wiedergewonnene Stärke. Der veröffentlichte Song ist eine eindringliche Hommage an die mysteriösen und oft übersehenen Geister von Tolkiens Welt. Aufgenommen, gemischt und gemastert wurde der Song ausschliesslich von Falagar, der Gesang stammt von Astrid L. Er webt eine düstere Erzählung, sowohl klanglich als auch spirituell.

Während Summoning die mythische Last von Krieg und Verlust in grandiosen, atmosphärischen Epen kanalisiert, neigt Rivendell zum Lyrischen, Folkloristischen und Vergessenen. Und doch verkörpern beide Bands – unverkennbar österreichisch – zwei Pole des von Tolkien inspirierten Ausdrucks: das Weite und das Persönliche, das Epische und das Intime.

Rivendell - The Shadow-Folk


Zudem gibt es noch zwei weitere Bands aus dem deutschen Sprachraum die sehr wohl Tolkien im Program haben.

Feuerschwanz
Da wären einmal Feuerschwanz: Mittelalter-Rock trifft auf Tolkien, welche diese Jahr (2025) auch an den Tolkien-Tagen in Geldern aufspielten. Die 2004 in Erlangen gegründete Band ist bekannt für ihren Mittelalter-Rock-Stil, der humorvolle und epische Elemente kombiniert. Ein herausragendes Beispiel für ihre Tolkien-Bezüge ist der Song «Rohirrim», der auf dem Album «Memento Mori» erschien. Das Lied ist eine Hommage an das Volk von Rohan und wurde auch beim Wacken Open Air 2024 live aufgeführt. Die Band beschreibt den Song als eine Reise durch die epische Welt der nordischen Mythologie, begleitet von Met und Feuerlicht.

Feuerschwanz - ROHIRRIM - @Wacken 2024

 

Oder auch
Uruk-Hai
Ambient-Klänge aus Mittelerde
Uruk-Hai ist ein österreichisches Musikprojekt, das dem Dark-Ambient-Genre zuzuordnen ist und stark von Tolkiens Werken beeinflusst ist. Der Künstler hinter Uruk-Hai, Alexander "Hugin" Wieser, hat zahlreiche Alben veröffentlicht, die sich thematisch mit Mittelerde und anderen Fantasy-Welten befassen. Die Musik von Uruk-Hai zeichnet sich durch atmosphärische Klanglandschaften aus, die die Zuhörer und Zuhörerinnen in die Tiefen von Tolkiens Universum entführen.

Uruk-Hai - Lord Of The Rings (Full Album)


In den Tolkien-Tunnel geraten:
Chris Seeman, der Gründer von tolkien-music.com, ist eine zentrale Figur bei der Dokumentation und Bewahrung des weltweiten Phänomens der von Tolkien inspirierten Musik. Durch seine jahrzehntelange Arbeit hat er die umfassendste Diskografie von Musik zusammengestellt, die von J.R.R. Tolkiens Legendarium inspiriert ist. Auch ihn konnte ich interviewen und er beschreibt dieses Projekt nicht als Rezension oder Bewertung von Musik, sondern schlicht als ‘Beschreibung dessen, was existiert.

Seeman, der sich selbst als "Diskograph" und seit Kurzem als "Musikograph" bezeichnet, betont, dass er alles erfassen möchte: nicht nur aufgenommene Werke, sondern auch solche, die komponiert, aber nie veröffentlicht wurden. "Musikograph" spiegelt mein Engagement wider, das Phänomen der von Tolkien inspirierten Musik in seiner Gesamtheit zu erfassen’, erklärt er. Sein Interesse an von Tolkien inspirierter Musik reicht bis in seine Jugend zurück, als Tolkiens Geschichten zum ersten Mal seine Fantasie beflügelten. Diese Leidenschaft wurde durch verschiedene Formen des künstlerischen Ausdrucks genährt: "Die bildende Kunst war eine davon. Rollenspiele waren eine andere. Musik ebenfalls." Als frühe Einflüsse nennt er Leonard Rosenmans Filmmusik zu «Der Herr der Ringe» sowie klassische Rock-Bands wie Led Zeppelin und Rush. Schliesslich führten seine Beiträge zur ursprünglichen Tolkien-Musikliste von Janis Balodis dazu, dass er diese übernahm und zur aktuellen Website Tolkien-Music.com ausbaute, die 1996 ins Leben gerufen wurde.

The Lord Of The Rings - History Of The Ring (Leonard Rosenman)

 

Die Website ist mehr als eine einfache Liste: Sie enthält Songtexte, Links zu Künstlern, Rezensionen und Anmerkungen. Derzeit wird die Plattform umfassend überarbeitet und modernisiert, unter anderem mit einer durchsuchbaren Datenbank und Exportfunktionen. "Man wird aus der Datenbank der Website seine eigene Diskografie erstellen können", sagt Seeman.

Sein Engagement ist nicht unbemerkt geblieben. Im Laufe der Jahre hat er wahre Schätze an unerwarteten Orten entdeckt, wie zum Beispiel Lemmy Kilmisters (Motörhead) Song «The Dark Lord», den er 1968 mit der psychedelischen Band Sam Gopal veröffentlichte. "Er beschreibt den Untergang Saurons, als der Eine Ring zerstört wird. Sehr cool", bemerkt Seeman.

02 - The Dark Lord - Sam Gopal - Lemmy Kilmister 1969


Was treibt diese lebenslange Hingabe an? Für Chris ist Tolkiens Welt einzigartig: "Bei all den miteinander verbundenen "Universen" in Literatur und Film, die unsere Kultur prägen, kommt keines auch nur annähernd an die Tiefe und Schönheit von Mittelerde heran." Er sieht Tolkiens Konzept der "Subkreation", also Kunst als Mittel, um tiefere Wahrheiten widerzuspiegeln, als Grundlage für diese anhaltende Faszination.

Seeman ist besonders fasziniert davon, wie sich Tolkiens Mythologie auf natürliche Weise für musikalische Adaptionen eignet. "Fast jede Figur von Tolkien singt irgendwann einmal..., sogar die Kosmogonie beginnt mit Musik", erklärt er. Diese musikalische Vielfalt, gepaart mit Tolkiens "linguistischer Ästhetik", hat dazu geführt, dass unzählige Black Metal Bands seine erfundenen Sprachen für Bandnamen, Songtexte und Titel übernommen haben.

Auf die Frage nach seinem persönlichen Favoriten nennt Chris den Doom-Metal-Track «Song Of Durin» der deutschen Band Noekk. "Brutale, schwerfällige, unerbittliche Gitarren-Riffs, opernhafte Vocals und zurückhaltende Keyboard-Akzente bringen die Kraft dieser Worte wie keine andere Version, die ich je gehört habe" sagt er. Für ihn verkörpert die Band Tolkiens Poesie perfekt: "Die Welt war jung, die Berge grün..."

Noekk - Song Of Durin




Er betont auch, wie verschiedene Musik-Genres einzigartige Aspekte von Tolkiens Themen hervorheben. "Folkmusik hat eine natürliche Affinität zu Tolkiens Bestreben, eine "Volksmythologie" für England wiederzubeleben", während Jazz zur improvisatorischen Natur von Reisen passt. Ambient-Musik fängt Stimmungen ein und die Oper schöpft aus der epischen Dimension. "Was Rock und seine vielfältigen Ableger angeht", bemerkt er, "hat er schon immer thematische Verbindungen zur Fantasy gehabt."

Mit Blick auf die Zukunft bleibt Seeman vorsichtig optimistisch. "Wenn neue Generationen von Musikern und Muiskerinnen Mittelerde entdecken, werden wir sicherlich eine Wiederbelebung oder Fortsetzung vieler der Bewegungen erleben, die wir bereits gesehen haben." Eine besondere Hoffnung hegt er für den Opernzyklus «The Silmarillion» von Paul Corfield Godfrey, der derzeit in Form einer Demo vorliegt und hoffentlich irgendwann von der Welsh National Opera aufgeführt wird. "Nur die Zeit wird es zeigen..."

2nd Trailer for Paul Corfield Godfrey's Adaptation of Tolkien's "The Silmarillion"




Letztendlich bietet Chris Seemans Arbeit als Tolkien-Musikarchivar einen einzigartigen Einblick in die Tiefe und Reichweite des Einflusses des Professors auf verschiedene Musikgenres. ‘Wenn ich ein grossartiges Musikstück höre, das von Mittelerde inspiriert ist’, reflektiert er, ‘macht das das Erlebnis umso intensiver.’

Anhänge und Referenzen – hier.
Nächste Woche geht es weiter mit Teil 5
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