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Wenn man an Slash denkt, kommen einem sofort der Zylinder, die Haare, die Les Paul und sein unverwechselbarer Sound in den Sinn, der selbst Granit zum Schmelzen bringen könnte. Von Guns N’ Roses über Velvet Revolver bis hin zu Snakepit und unzähligen Kollaborationen (zb auch mit Michael Jackson, in Horror Film Scores oder auch Rihanna) war er stets ein unermüdlicher Wanderer des Rock.
Doch mit «Live at the S.E.R.P.E.N.T. Festival» erinnert uns der Mann mit dem Hut daran, dass all die Riffs, Soli und dreckigen Grooves, die er je gespielt hat, ihren Ursprung im Blues haben. Wie Gary Moore vor ihm hat Slash die Verzerrung zurückgenommen, die Seele nach vorne gebracht und ist damit wieder zum Bluesman des Rock geworden.
Dieses umfangreiche Live-Set, aufgenommen im Mission Ballroom in Denver, fängt die Essenz seiner S.E.R.P.E.N.T.-Tour (Solidarity, Engagement, Restore, Peace, Equality N’ Tolerance) aus dem Jahr 2024 ein - einem Festival, das die Kraft der Musik, zu heilen und zu vereinen, feiert. Unterstützt von seiner Blues-Ball-Band - Tash Neal (Gesang, Gitarre), Teddy „Zig Zag“ Andreadis (Keyboard, Gesang), Johnny Griparic (Bass) und Michael Jerome (Schlagzeug) - entfesselt Slash eine 15 Songs umfassende Meisterklasse, die zugleich Hommage und Wiedergeburt ist.
Der Abend beginnt mit einem donnernden «Parchman Farm Blues». Die Band klingt, als würde sie diese Grooves seit Jahrzehnten in irgendeiner Juke Joint in Mississippi spielen: tight, rau und herrlich lebendig. Es folgt «Killing Floor», ein Chicago Shuffle voller Selbstbewusstsein: Slashs Phrasierung ist hier scharf, bewusst und voller Ehrfurcht vor dem grossen Howlin’ Wolf.
Bei «Born Under a Bad Sign», dem Klassiker von Albert King, wird deutlich, dass Slash sich nicht am Blues versucht, sondern sich seinen Wurzeln verbindet. «Oh Well» von Fleetwood Mac explodiert mit psychedelischer Kraft - ein Höhepunkt, bei dem Slash sich in ungeahnte Gefilde vorwagt. Mit «Big Legged Woman» bringt die Band einen Texas-Roadhouse-Swing auf die Bühne, der puren Spass ist.
Mit «Key to the Highway» wird die Stimmung etwas ruhiger. Der Song ist eine Anspielung auf Big Bill Broonzys Melancholie der offenen Strasse. Bevor das Set mit «Papa Was a Rolling Stone» einen Abstecher in Richtung Motown macht, gibt es noch einen weiteren Höhepunkt. Mit einer Länge von zehn Minuten ist es eine Offenbarung: Wah-Wah-Pedale und rauchige Grooves verwandeln das Funk-Meisterwerk der Temptations in eine langsam brennende Predigt.
Dann geht es weiter in einer traditioneller Form: T-Bone Walkers «Stormy Monday» bietet den emotionalsten Moment des Abends. Slash spielt wie ein Mann, der eher von Gefühl als von Feuer besessen ist – jede Note ist voller Bedeutung. «The Pusher» kehrt zur Bedrohlichkeit zurück und knirscht mit dunkler, filmischer Schwere. Dann folgt mit «Metal Chestnut» das einzige Originalstück, eine zarte, wortlose Elegie – eine Erinnerung daran, dass Melodie und Emotion nach wie vor Slashs wahrhaftigste Stimme sind.
Die Zielgerade ist die Siegesrunde eines Bluesmusikers: «Cross Road Blues» (Robert Johnson) brodelt vor Dringlichkeit, «Stone Free» (Jimi Hendrix) steigert sich zu einem atemberaubenden 11-minütigen Jam, der selbst Hendrix auferstehen lassen könnte, «It Takes a Lot to Laugh, It Takes a Train to Cry» (Bob Dylan) rollt locker und leicht dahin und schliesslich versetzt «Shake Your Money Maker» das Publikum in ekstatisches Chaos.
Der Soundmix ist phänomenal – warm, roh und perfekt ausbalanciert zwischen der Intimität einer Bar-Band und der Grösse einer Arena. Jeder Musiker glänzt: Andreadis knurrt und heult, Griparics Bass ist donnernd und verbindend, Jerome swingt mit Finesse und Neal kanalisiert Vintage-Soul mit modernem Feuer. Doch es ist Slashs Gitarre, die alles beherrscht: weniger pyrotechnisch, mehr andächtig. Er biegt die Noten, bis sie schmerzen.
Fans können dieses kraftvolle Album in verschiedenen Formaten erleben: als 2-CD-+Blu-ray-Digipak, als 2-CD-+DVD-Edition und als Triple-Black-Vinyl-Gatefold für Sammler. Das Artwork – psychedelische Schlangen, die sich um Vintage-Gitarren winden – spiegelt sowohl die Mystik des Blues als auch die spirituelle Mission des Festivals wider.
«Live at the S.E.R.P.E.N.T. Festival» ist eine Art Wiederauferstehung. Slash beweist, dass unter dem Zylinder und der Legende immer noch das Herz eines echten Bluesmusikers schlägt. Dieses Album ist eine Hommage an die Vergangenheit und hält zugleich das Feuer für die Zukunft am Brennen.
Fazit: Ein Muss für Bluesliebhaber und Rockfans gleichermassen. Slashs bester Live-Moment seit “Made in Stoke” (2011).
Lukas R.![]()