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Es gibt Bands, die heavy spielen, und dann gibt es Abraham – eine Schwere, die nicht nur deinen Körper erdrückt, sondern bis ins Mark vordringt. Mit «idsungwüssä», ihrem fünften Studioalbum und dem letzten Kapitel einer apokalyptischen Trilogie, vollendet das Schweizer Kollektiv eine Vision, die sich weniger wie Musik anfühlt, sondern eher wie ein Abstieg in die letzten Tage der Menschheit.
Das Album erstreckt sich über eine Stunde erstickender Klanglandschaften, in denen sich Gitarren wie einstürzende Türme auftürmen und Trommeln mit der Unausweichlichkeit fallender Steine krachen. Was das Unbehagen jedoch wirklich vertieft, ist die Stimme: knurrend, singend und in der rauen Klangfarbe des Schweizerdeutschen Dialekts vorgetragen. Diese Sprachwahl verleiht den Songs eine seltsame Intimität, als würde die Apokalypse aus dem Boden selbst geflüstert, schwer von Jahrhunderten unausgesprochener Angst. Auch ohne jedes Wort zu verstehen, graben sich die Laute in die Haut des Zuhörers und tragen eine Bedeutung, die über die Übersetzung hinausgeht.
Und doch glitzern inmitten der Ruinen Melodien wie zerbrochenes Glas: Orgeln, Klavier und Synthesizer durchbrechen den Sumpf mit unheimlicher Zerbrechlichkeit. Tracks wie «I Am the Vessel and the Vessel Is Me» und «Naked in a Naked Sky» verkörpern diese Spannung – zwischen erhabener Melancholie und seelenzerstörendem Schlamm.
Dies ist kein Album, das man geniesst; es macht keinen Spass und will es auch nicht. Aber es fühlt sich essenziell an – wie ein Blick in den Abgrund, in dem man sich selbst erkennt. ¨»idsungwüssä» lässt einen verstört, erschöpft und doch seltsam gebannt zurück – denn manchmal spricht der Untergang mehr Wahrheit als jede Hoffnung. So wie das Bild der Schweiz oft von der heilen Welt der ‘Heidi’ geprägt ist, entwerfen Abraham vielmehr das düstere ‘Sennentuntschi’ – eine Schweiz, in der die Berge nicht trösten, sondern erdrücken.
Lukas R.