
Swiss Hard Rock and Heavy Metal Magazine since 1999
You can reach us via email or phone.
+41 (0) 79 638-1021
Metal Factory since 1999
Danke, dass ich es bin, der diese Review schreiben darf, denn als erklärter Comic-Nerd passt dies wohl gut. Nach vier Jahrzehnten blutgetränkter Chaos-Shows rocken GWAR immer noch härter denn je. Mit «The Return of Gor Gor» beweisen die intergalaktischen (Kinder-) Shock-Rock-Veteranen einmal mehr, dass sie mehr als nur eine Band sind die Musik machen und sich als Monster verkleiden.
Dies ist dann auch mehr als eine EP, es ist ein Multimedia-Spektakel. Das Paket enthält drei brandneue Studio-Tracks, vier wilde Live-Aufnahmen und in einigen Bundles ein 32-seitiges Comicbuch, das die absurde, aber seltsam fesselnde Saga von Gor Gor erzählt. Gor Gor ist ein drei Tonnen schwerer Tyrannosaurus Rex und gehört zu GWAR. Vinyl-Fans erhalten animierte Gor-Gor-Gravuren auf der Schallplatte selbst als Bonus, und Sammler können sich Hardcover-Comic-Ausgaben und eine Reihe von Merchandise-Artikeln sichern, die von Plüschtieren bis hin zu kommenden Actionfiguren alles umfassen. Es handelt sich weniger um eine Musikveröffentlichung als um ein "GWAR-Kit" für Fans, wie es nur diese «Scumdogs Of The Universe» zusammenbrauen können. (Gene Simmons lässt grüssen)
Musikalisch spielen GWAR weiterhin ihre Stärken aus. Die drei neuen Tracks «The Great Circus Train Disaster», «Tyrant King» und das herrlich verdorbene «Lot Lizard» sind eine wilde Mischung aus punkigem Thrash, Zirkus-Prog und augenzwinkernder Verdorbenheit. «Lot Lizard», eine selbst beschriebene Ode an eine "crackabhängige, transvestitische Dinosaurier-Prostituierte", ist ebenso grotesk wie eingängig und unterstreicht GWARs Verpflichtung zu rohen Riffs und respektlosem Humor. Grodis Maximus (alias Tommy Meehan) liefert Gitarrenarbeit, die das Chaos noch verstärkt, während Kurt Ballou (Converge) mit seiner Produktion den Songs eine wilde Note verleiht, ohne dabei an Klarheit einzubüssen.
Die während ihrer Tournee 2024 in Atlanta aufgenommenen Live-Mitschnitte unterstreichen GWARs anhaltenden Ruf als unverzichtbares Spektakel: theatralische Gewalt, politische Seitenhiebe, darunter ein Trump-Sample in «America Must Be Destroyed» und ihre charakteristischen Fontänen aus Kunstblut. Das erinnert daran, dass GWAR-Alben nur die halbe Wahrheit sind, und erst bei ihren Shows wird die Mythologie lebendig (und oft auch in den ersten Reihen). Was die Ernsthaftigkeit angeht, so bleiben GWAR eher Kult als Mainstream und darauf sind sie stolz. Ihre Musik ist im Laufe der Jahre straffer und eklektischer geworden, doch das Herzstück der Band bleibt ihre Rolle als Schock-Rock-Performance-Künstler: eine Mischung aus Metal, Punk, Theater und grotesker Komödie.
Für eingefleischte Fans ist «The Return Of Gor Gor» eine perfekte Fortsetzung ihres Universums, insbesondere mit dem zusätzlichen Comic, den Sammler-Stücken und sogar einem augenzwinkernden, KI-gestützten Quizspiel ("Little Rasty"), das die Geschichte am Laufen hält. Neulingen kommt es jedoch weniger wie ein traditionelles Album vor, sondern eher wie ein Einstieg in ein bizarres Live-Erlebnis. GWAR wollen mit ausgefeilten, radiofreundlichen Hooks keine Neulinge bekehren. Sie bieten ein immersives Kultpaket für all jene, die Absurdität, Blutvergiessen und theatralischen Metal-Chaos suchen, also Dinge, die nur sie liefern können. Bei «The Return Of Gor Gor» geht es weder um Subtilität noch um Mainstream-Appeal.
Es geht vielmehr darum, die Identität von GWAR als ultimatives Shock-Rock-Kunstkollektiv zu zementieren. Die Musik besticht durch ihre knurrende Energie, doch der eigentliche Reiz liegt im Gesamtkonzept: Comicbuch, Sammler-Stücke, Live-Spektakel und eine Band, die sich weigert, erwachsen zu werden oder sich zu beruhigen. Für die treuen Fans ist es ein Fest. Für alle anderen ist es eine Einladung, sich dem Chaos anzuschliessen oder sich weit, weit zurückzuziehen. Werde ich mir diese EP selbst wieder anhören wollen? Wohl kaum, aber live sehen würde ich die schon mal gerne mal erleben, gerade weil die Konzerte der hiesigen Heavysaurus Dino-Metal-Band immer ausverkauft sind und ich schon 18+ bin.
Lukas R.