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In der kalten Leere zwischen sterbenden Sternen und stillen Welten kehren HEMELBESTORMER mit ihrem vierten Album «The Radiant Veil» zurück, vielleicht ihr bisher eindringlichster Abstieg in die Leere.
Seit über einem Jahrzehnt beschreitet das belgische Quartett einen Weg, auf dem Post-Rock, Doomgaze und Black Metal zu einer einzigartigen kosmischen Anziehungskraft verschmelzen. Ein akustischer Ereignis-Horizont, an dem Licht und Schatten ineinander kollidieren. Im Kern ist «The Radiant Veil» eine Reise: eine Wanderung durch das Sonnensystem, wie es sich die Etrusker vorstellten. Jeder Song ist nach einem Planeten in ihrer archaischen Sprache benannt. Die einstündige Reise beginnt mit «Usil», der Sonne.
Die ersten zehn Minuten steigen mit seismischen Riffs und eisigen Leads wie eine Sonnen-Eruption über einem gefrorenen Ozean auf, bauen Spannung auf und zerbrechen schliesslich in einen langsamen, erstickenden Abstieg. Von dort schlängelt sich der Weg durch den Sturm von «Turms», mit einer gespenstischen Gesangs-Performance von Philip Jamieson von Caspian, heisst die öde, windgepeitschte Ebene von «Cel» mit ihren kehligen, aus der Leere kommenden Schreien. Dazu das eisige Monument von «Tinia», dessen aufsteigende Klangwände sich wie Flutwellen in der Dunkelheit anfühlen.
Wenn «Satre» (Saturn) das Album mit Begräbnis-Gesängen und orchestralem Untergang beendet, bleibt der Zuhörer zurück und starrt in eine Dunkelheit, die zugleich fremd und unangenehm vertraut ist. Die Meisterschaft von Hemelbestormer liegt in ihrer Fähigkeit, die Weite des Weltraums zu evozieren, bedeutet nicht die romantisierte Sternenlandschaft eines Science-Fiction-Films, sondern die bedrückende Realität seiner Grösse und Stille. Lovecraftsche Synth-Wellen pulsieren wie ferne Nebel, während tremolo-gezupfte Riffs wie eisiges Sternenlicht durch die vernichtenden, HM-2-getriebenen Tiefen schneiden.
Selten eilen sie zum Höhepunkt, sondern lassen die Melodien wie sterbende Sonnen verglühen und schlängeln sich oft durch schattige Passagen, in denen die Zeit sich zu dehnen scheint. Für manche ist diese Geduld eine Tugend, für andere birgt sie die Gefahr, in Monotonie abzugleiten, insbesondere in den ambienten Passagen von «Laran» oder den kargen Weiten von «Cel». Wenn Hemelbestormer jedoch ihre volle Schwerkraft auf «Turms», «Tiur» und «Tinia» entfalten, wird ihr Sound zu einem himmlischen Leviathan, der die Zuhörer in schwarze Löcher der Verzerrung zieht und sie in Wellen kosmischen Lichts badet.
Diese Musik ist zur völligen Hingabe geschrieben, am besten in der Dunkelheit, vielleicht unter dem gleichgültigen Blick echter Sterne. «The Radiant Veil» ist nicht ohne kalte Leerstellen und fast bewegungslose Passagen, aber genau darin liegt die Absicht: Dies ist keine Reise des Komforts, sondern der Ehrfurcht. Denjenigen, die sich dieser Schwerkraft stellen wollen, bieten Hemelbestormer nicht nur ein weiteres Post-Metal-Album, sondern einen Blick in die schwarze Unendlichkeit selbst. Empfohlen für Fans von Amenra, Russian Circles, Cult Of Luna und alle, die sich dorthin treiben lassen möchten, wo selbst das Licht verblasst.
Lukas R.