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Mit «Songs to Sun» eröffnen die ukrainischen Heavy-Rock-Visionäre von Stoned Jesus eine ambitionierte Trilogie, die neue kreative Wege beschreiten und gleichzeitig die Vergangenheit der Band würdigen soll.
Für eine Band, die sich stets dagegen gewehrt hat, stillzustehen, fängt dieses sechste Album die Essenz ihrer Entwicklung ein: verzerrte Riffs, ausladende Grooves und die Bereitschaft, die Grenzen des Genres zu erweitern, ohne dabei an Gewicht zu verlieren.
Das Album beginnt mit «New Dawn», einer geduldigen, bluesigen Einleitung, die langsam zu dichten Riffs anschwillt. Sydorenkos Gesang schwankt zwischen Intimität und Rauheit und beschwört sowohl eine rauchige Late-Night-Atmosphäre als auch die ganze Wucht des Stoner Doom herauf. «Shadowland» schärft den Fokus: Die Riffs sind einfach, aber sie beissen präzise, während sich die Hooks allmählich offenbaren.
Im Gegensatz dazu setzt «Lost in the Rain» auf Stimmung und Bildsprache. Seine düsteren Töne entfalten sich wie ein Sturm, dem man sich nicht entziehen kann (Mein Anspieltip) – ein Beispiel für das Geschick der Band, emotionale Resonanz in pure Schwere einzubetten. Mit etwas mehr als drei Minuten liefert «Low» eine lebhaftere Energie; sein kantiges Riff sprintet auf ein Ende zu, das in seiner Dringlichkeit fast punkig wirkt.
«See You on the Road» kehrt zu der für die Band typischen Balance zwischen Melodie und Schwere zurück und verankert seine Eingängigkeit mit einem bassgetriebenen Groove. Der letzte Track «Quicksand» erstreckt sich über fast zehn Minuten. Er beginnt mit subtilen Bässen und Toms, steigert sich in Wellen der Spannung und zieht sich wieder zurück – ein passender Abschluss, der die Hörer:innen eher in der Schwebe lässt als mit einem Gefühl der Auflösung.
Was «Songs to Sun» so fesselnd macht, ist nicht nur die Kraft seiner Riffs, sondern auch das Gefühl der Kontinuität, das er vermittelt. Zwar gibt es Anklänge an «Seven Thunders Roar» und «The Harvest», doch das neue Album lebt von Kontrasten: Heavy trifft auf Zartheit, progressive Texturen auf rohen Groove. Textlich schreibt Sydorenko aus einem Gefühl der Unruhe und Instabilität heraus; der Akt des Vorstossens in neue Strukturen gibt der Musik jedoch ihr Fundament.
Als erster Teil einer Trilogie, die später mit «Songs to Moon» und «Songs to Earth» fortgesetzt wird, steht dieses Album für sich allein und bereitet gleichzeitig die Bühne für grössere Horizonte. Stoned Jesus erinnern uns daran, dass Wachstum und Schwere keine Gegensätze sind, sondern Begleiter auf demselben langen Weg. Der Herbst hat seine Hymne gefunden.
Lukas R.