Sonntag, 07. September 2025

Metal Factory since 1999

Samstag, 19 Juli 2025 05:40

Wie J.R.R. Tolkien, der Vater vom Hobbit und Herr der Ringe Epos, zeitgenössische Rock-Musik beeinflusste (Teil 8)

Von Lukas O. Ritzel für 2025 für Metal Factory
Coverbild by Sepide Donne (2025)

Dies ist nun der achte und letzte Teil der Tolkien Musik Serie

Zwischen Schwert und Schicksal – Wishbone Ash und die Rückkehr des Königs
Auch ohne direkten Bezug zu J.R.R. Tolkiens Legendarium gelingt es der legendären britischen Band Wishbone Ash mit dem Song «The King Will Come» vom ikonischen Album Argus, 1972, eine Atmosphäre zu erschaffen, die wie durch ein fernes Echo mit Mittelerde in Resonanz tritt.

Mit seiner archaisch-mystischen Bildsprache, seinem getragenen Aufbau und der thematischen Nähe zu Prophezeiung, Krieg und königlicher Wiederkehr scheint der Song wie geschaffen für eine epische Szene aus ‘Der Herr der Ringe’ oder gar eine düstere Vision aus dem "Silmarillion". Die Zeile "Fighting on, and on we'll go / War will never cease" ruft Erinnerungen an den endlosen Kampf gegen die Mächte des Dunklen Herrschers wach, sei es Sauron, Morgoth oder ein archetypischer Feind jenseits der Zeit.

Obwohl Wishbone Ash nie angaben, dass sie sich bei diesem Song direkt von Tolkien inspirieren liessen, liegt eine gewisse thematische Verwandtschaft offen zutage: die Sehnsucht nach Erlösung, die Hoffnung auf einen rechtmässigen König und das Ringen des Individuums mit einem grösseren, oft unergründlichen Schicksal. In diesem Kontext wirkt «The King Will Come» wie ein musikalisches Zwielicht zwischen Dagor Dagorath und Minas Tirith – ein Klang gewordener Zwischenruf aus einer Welt, die Tolkien nur allzu gut gekannt hätte.

Gemeinsam mit Titeln wie «Warrior» oder «Throw Down The Sword» formt das Album Argus ein loses Geflecht aus Rittertum, Krieg und innerem Kampf, das sich mit wenigen Schritten in Tolkiens Welt übersetzen lässt. Wer hier zuhört, hört nicht nur Rock, sondern auch die entfernten Trommeln aus dem Osten.

WISHBONE ASH - The King Will Come (40th Anniversary Concert DVD)


In den Tolkien-Tunnel geraten

Eine wahrer Herr der Ringe Fan, Rapper, Hip Hop und Country Star – Post Malone
Es gibt Konzerte, die man besucht, und dann gibt es welche, die zu Legenden werden. Was als ganz normale Post-Malone-Show mit Bier in der Hand und Beats in der Luft begann, wurde schnell zu etwas ganz anderem: einer Nacht voller Schwerter und Zauberei, in der der Schleier zwischen den Welten dünn wurde. Gerade als die Energie ihren Höhepunkt erreichte, hob Post Malone sein Glas, lächelte dieses lässige, wissende Lächeln und spielte mitten im Set einen von ‘Herr der Ringe’ inspirierten Track. Ohne Vorwarnung. Keine Ankündigung. Einfach magisch. Ein Zauberer, so sagt man, kommt nie zu spät.

Die Menge tobte, hin- und hergerissen zwischen Ungläubigkeit und Begeisterung, als der sanfte König des Hip-Hop seine nerdige Seite offenbarte und seine lässige Coolness mit der mythischen Energie Mittelerdes verschmolz. In diesem Moment war Post Malone mehr als nur ein Chartstürmer – er wurde zum Barden. Ein Troubadour des 21. Jahrhunderts, der aus dem Leben und aus der Legende schöpfte.

Es war in jeder Hinsicht eine bahnbrechende Hommage an ‘Der Herr der Ringe’. Die Bühne verwandelte sich in ein Portal der Fantasie. Die normalerweise von radiotauglicher Melancholie geprägte Musik pulsierte nun mit den Echos von Rivendell und dem Schatten des Schicksalsbergs. Post Malone hatte sein gesamtes Publikum in Tolkiens Reich versetzt – und das mit einem Bier in der einen und kraftvollen Akkorden in der anderen Hand.

Das Timing war unheimlich. Genau wie Gandalf mit seinen unvergesslichen Worten: ‘Ein Zauberer kommt nie zu spät und nie zu früh. Er kommt genau dann, wenn er es will.’ Malone wählte seinen Moment mit unheimlicher Anmut. Es fühlte sich gleichzeitig orchestriert und spontan an – eine wunderschöne Widersprüchlichkeit, die nur Musik und die unvergängliche Magie Tolkiens hervorbringen können.

Post Malone auf TikTok

Aber es war nicht das erste Mal, dass Post Malones Liebe zu Mittelerde für Schlagzeilen sorgte. Im Jahr 2023 sorgte er in Fandomkreisen für Aufsehen, als er eines der seltensten Sammlerstücke überhaupt erwarb: die einzigartige, serialisierte ‘The One Ring’-Karte aus ‘Magic: The Gathering’. Genau wie das Artefakt aus der Legende war sie nur einmal gedruckt worden – ganz im Sinne von Tolkiens eigenen Worten. Und wie Isildur auf dem Schlachtfeld streckte Malone die Hand aus und holte sie sich. Der Preis? Angeblich über zwei Millionen Dollar.

Für ihn ging es jedoch nicht um den Preis, sondern um etwas Persönliches. "Als ich sie sah, musste ich sie einfach haben", sagte er sichtlich bewegt. Für einen lebenslangen Tolkien- und ‘Magic: The Gathering’-Fan war die Karte nicht nur ein Sammlerstück, sondern ein Stück Mythos, das Wirklichkeit geworden war. Er hat den Ring nicht gekauft, er hat ihn geerbt, als wäre er von einem seltsamen Schicksal auserwählt worden.

All das, also das Überraschungs-Konzert, die heilige Karte, der plötzliche Ausbruch der Fantasie in einer Welt voller Ruhm und Nebelmaschinen, führt zu einer klaren Erkenntnis: Post Malone ist mehr als nur ein Popstar mit nerdigen Interessen. Er ist ein echter Enthusiast, ein Beschützer von Mythen und ein moderner Künstler, der die zeitlose Anziehungskraft grossartiger Geschichten versteht. Wer ausser einem echten Fan würde es wagen, ein Konzert mitten im Ablauf ins Reich der Drachen und Zauberer zu verlegen – und das auch noch erfolgreich?

Dass Post Malone mit seinem neuen Album «F-1 Trillion» erneut die Spitze der Billboard-Charts erklimmt, überrascht kaum. Doch dass ausgerechnet ein Star des Hip-Hop und Poprock-Universums mitten im Konzert eine Herr der Ringe-Hommage performt, wirft ein neues Licht auf die Reichweite Tolkiens Erbe. In einer Szene, die selten mit epischer Fantasy in Verbindung gebracht wird, beschwört Malone zwischen Beats und Bier den Geist Gandalfs herauf – und zeigt damit: Die Welt von Mittelerde lebt auch in den Rhythmen der Gegenwart weiter.

Malones Mut, Tolkien mitten im Konzert zu zelebrieren, wirkt wie ein kreativer Paukenschlag. In einer Branche, die von Trends und schneller Vergänglichkeit geprägt ist, zeigt er, dass echte Begeisterung, Nerdtum und literarische Tiefe auch im Hip-Hop Platz haben. Dass ausgerechnet Tolkien hier Inspiration liefert, ist überraschend – und gerade deshalb so stark.

Post Malone beweist mit dieser Mischung aus musikalischem Erfolg, persönlicher Leidenschaft und popkulturellem Mut, dass zeitgenössische Musik noch immer magische Brücken schlagen kann – zwischen Fantasy und Flow, zwischen Legende und Lautsprecher.

Post Malone purchases rare Lord of the Rings card from a Toronto fantasy fan (edited)


Sarumans Turm im Drone-Nebel

Der düstere, famose Drone Metal-Track «Isengard (Chopped And Screwed)» von Sunn O))) bezieht seinen Titel direkt von Isengard, der mächtigen Festung Sarumans aus Tolkiens "Mittelerde". In Tolkiens Saga steht Isengard für Macht, Isolation und Verderbnis. Somit dunkle Themen, die perfekt zur Atmosphäre von Sunn O))) passen.

Der Trick: Anstatt epische Melodien zu erzählen, nutzen Sunn O))) extreme Klangdichte, langsame, niederfrequente Riffs und droneartige Verzerrung, um die industrielle und dunkle einschüchternde Präsenz von Isengard zu musizieren. Genau wie Tolkien Saruman in seinem turmartigen Palantír Turm beschreibt, so erzeugt dieser Titel eine Art akustischen Monumentalbau, eine dröhnende Schallwand, die den Zuhörer im Inneren seiner düsteren Hallen umgibt.

Somit ist die Verbindung zu Tolkien nicht metaphorisch, sondern atmosphärisch real: «Isengard» beschreibt nicht nur einen Ort, sondern einen Klangraum, den Sunn O))) mit roher, fast sakraler Klanggewalt füllen, ein echtes Fortis-Fortress-Erlebnis, nur in Soundform.

SUNN O))) - Isengard (Chopped and Screwed)

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Eine neue Tolkien Welle im 2025
Wenn man aber die Spotify Top Liste für Tolkien Metal aufruft (Stand Juli, 14 2025) findet man an der Spitzen-Position einen eher nicht so geläufigen Namen: WANI

Wani ist ein zeitgenössischer Musikproduzent und Künstler, der mehrere von J.R.R. Tolkiens "Mittelerde" inspirierte Titel geschaffen hat. Zu seinen bekanntesten Songs zählen «The Nazgûl» (mit Thaddäus van Doesburg) und «The Fighting Uruk-hai», die sich auf die reichhaltige Mythologie von Tolkiens Universum stützen. Diese Kompositionen sind auf den wichtigsten Streaming-Plattformen wie Apple Music und Spotify verfügbar. Wani zeichnet sich durch seine moderne Interpretation von Tolkiens Themen aus.

Dabei verbindet er Elemente aus verschiedenen Musikgenres miteinander, um die Atmosphäre von Mittelerde zu evozieren. Neben von Tolkien inspirierten Titeln hat Wani auch Musik produziert, die von anderen beliebten Franchises beeinflusst ist, darunter «The Mandalorian», «Diagon Alley» aus dem Harry-Potter-Universum (also doch..) und «Far Horizons» aus The Elder Scrolls V: Skyrim. Dieses vielfältige Portfolio zeigt Wanis Vielseitigkeit bei der Komposition von Musik, die Fans von Fantasy und Science-Fiction gleichermassen anspricht.

WANI - The Nazgûl (feat. Thaddäus van Doesburg)


In diese Sparte passt auch das Projekt "The Watcher In The Leaves" von Hoz Seca
The Watcher in the Leaves – Musik, inspiriert von Tolkiens Geschichte der Drúedain.
Dieses Dungeon-Synth-/Folk-Album basiert auf einer der intimeren und weniger bekannten Erzählungen Tolkiens, der eingebetteten Geschichte von Aghan und dem Wachstein aus dem Kapitel "Die Drúedain" in "Unfinished Tales". In fünf Tracks greift die Musik Themen wie Freundschaft, stille Magie und selbstlosen Schutz auf.

Aghan, ein Drúadan mit uralter Macht, schnitzt einen steinernen Wächter, um die Familie seines menschlichen Freundes Barach vor Orks zu beschützen. Es ist keine Geschichte von Schwertern und Ruhm, sondern von unausgesprochener Loyalität, schwindendem Licht und der Stärke stiller Wächter.

Diese Klanglandschaften erwecken den Zwielichtgeist zum Leben, und dies mit moosbedeckten Tönen sowie windgepeitschten Melodien, die von den vergessenen Pfaden Beleriands widerhallen.

HOZ SECA / "The Faithful Stone" - Mountain Forest Cabin Dweller


Anfauglir - Eine alte neue Band am Horizont
Nach 17 Jahren kehrt das von Tolkien inspirierte Symphonic Black Metal Projekt Anfauglir mit seinem lang erwarteten zweiten Album «Akallabêth» aus dem Schatten zurück. Die Band hat ihr erstes Album «Hymns Over Anfauglith» im 2008 veröffentlicht und die Musik konzentrierte sich auch da schon auf Themen aus dem Tolkien-Universum.

ANFAUGLIR - Hymns Over Anfauglith (full album)

 

Tief verwurzelt in der Überlieferung von Númenor und dem Untergang der Menschen webt das neu zu erwartende Album eine Atmosphäre von Erhabenheit, Verzweiflung und Verderbnis. Einen ersten Einblick in das Album gibt «Part I: The Temple of Melkor», ein Auszug aus dem Track «Defying the Doom of Men». Die Band beschreibt dieses Stück als das düsterste Kapitel von «Akallabêth», das sich auf Saurons heimtückischen Einfluss auf Númenor konzentriert. Es erzählt vom Aufstieg der Königstreuen, dem Bau des Tempels von Melkor und dem tragischen Untergang der Getreuen. Wenn der heilige weisse Baum Nimloth auf einem schwarzen Altar zerstört wird, wird der Zuhörer in den unvermeidlichen Untergang einer einst grossen Zivilisation hineingezogen. «Akallabêth» verspricht eine eindringliche Reise in die schattenhafte Geschichte Mittelerdes, an der sich Mythos, Metal und Trauer begegnen.

ANFAUGLIR - The Rise of Númenor - Part III: The Gift of Men



Das Review dieses 10/10 Meistwerkes könnt Ihr natürlich auch bei Metal Factory, und zwar hier nachlesen.


Radio Rivendell – Eine Klangreise durch Mittelerde
In meinem Gespräch mit Anders, dem Gründer der Online-Radiostation Radio Rivendell, wurde schnell folgendes klar: Hier geht es nicht nur um Musik, sondern um die akustische Erweiterung fantastischer Welten. Seit 2001 sendet er rund um die Uhr Musik, die von Fantasy inspiriert ist – mit einem besonderen Fokus auf Tolkien-nahe Klanglandschaften.
Anders, der Gründer von Radio Rivendell, startete den Sender im Jahr 2001 als Hintergrundmusik für Rollenspielabende mit Freunden. Was als Shoutcast-Experiment in einer kleinen Wohnung begann, hat sich seitdem zu einer eigenen Online-Plattform für Fantasy-inspirierte Musik entwickelt, insbesondere für Soundtracks und Kompositionen, die in Tolkiens Mythos verwurzelt sind.

Ursprünglich wurden Filmmusiken gestreamt, doch dann verlagerte der Sender seinen Schwerpunkt auf unabhängige und rechtefreie Fantasy-Kompositionen, oft von Komponisten, die sich direkt an Anders wenden. Zu den namhaften Mitwirkenden zählen Inon Zur, Jesper Kyd und sogar Tolkiens Illustrator Ted Nasmith. Tolkiens Einfluss auf die gespielte Musik ist tiefgreifend. Anders bezeichnet ihn als "Grossvater der Fantasy". Er weist darauf hin, dass moderne Fantasy-Welten und ein Grossteil der damit verbundenen Musik auf Tolkiens grundlegende Weltgestaltung zurückgehen. Es sind nicht nur die Geschichten, sondern auch die Themen Heldentum, Licht gegen Dunkelheit und mythische Einfachheit, die bis heute inspirieren.

Während Rivendell Genres wie Metal meidet, um einen eher ambienten, immersiven Ton für Autoren und Gamer zu bewahren, sind Folk- und mittelalterliche Stile häufig anzutreffen. Sie tragen dazu bei, eine stimmungsvolle Klanglandschaft zu schaffen. Anders betont, dass Fantasy-Musik von der Atmosphäre lebt: "Man kann eine Fantasy-Welt nicht sehen oder anfassen, aber man kann sie hören." Mit Blick auf die Zukunft glaubt er, dass Tolkiens Einfluss weiterhin präsent bleiben wird, wenn auch oft indirekt, insbesondere in den Subgenres Folk, Cinematic und Black Metal.

Und obwohl er nichts von der Schweizer Inspiration für den Namen "Rivendell" (Lautwasser = Lauterbrunnen) weiss, lobt Anders Tolkiens tiefe Wurzeln in den nordischen Sprachen und Mythologien und bezeichnet seine Vorstellungskraft als ‘wirklich einzigartig’. Für Fans von Tolkien und Fantasy-Welten ist Radio Rivendell mehr als nur Hintergrundmusik: Es ist ein Portal zu Klangwelten, die vom zeitlosen Ruf Mittelerdes geprägt sind. Hört selbst!

Von Feuer und Schatten: Bear McCrearys Mittelerde in Klängen
In der riesigen und ständig wachsenden Welt der von Tolkien inspirierten Musik haben sich nur wenige zeitgenössische Komponisten so mutig und umfassend betätigt wie Bear McCreary. Bekannt für seine emotionalen Soundtracks zu ‘Battlestar Galactica’, ‘God of War’ und ‘Outlander wurde er mit der monumentalen Aufgabe betraut, die Musik für Amazons ‘Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht’ zu komponieren. Doch statt die Bilder einfach nur zu begleiten, schuf er eine lebendige, atmende Musikwelt, eine Klanglandschaft, die so tief und vielschichtig ist wie die Geschichte von Mittelerde selbst.

Im Laufe von zwei Staffeln komponierte er fast acht Stunden Musik pro Staffel und schrieb unterschiedliche Themen für Elfen, Zwerge, Númenorer, Harfüsse und viele mehr. Seine Leitmotivtechnik erinnert an Grössen wie Howard Shore und Wagner, hat aber eine ganz eigene Note: In den Melodien sind versteckte narrative Hinweise eingebettet. Eines der bemerkenswertesten Beispiele ist das Thema von Halbrand, das so komponiert wurde, dass es rückwärts abgespielt das Thema von Sauron widerspiegelt – ein musikalischer Zaubertrick, der Tolkiens eigene Verwendung versteckter Identitäten und subtiler Vorahnungen widerspiegelt.

Der gewagteste Moment von McCreary war jedoch, als er Heavy Metal in Amazon-Mittelerde einführte. In Staffel 2, Folge 7, präsentierte er «The Last Ballad of Damrod», einen brutalen, kehligen Kriegsgesang, der in Zusammenarbeit mit Jens Kidman, der Stimme der schwedischen Extreme-Metal-Pioniere Meshuggah, entstand. Das Ergebnis ist eine Szene, die vor roher Ork-Wut, tribalem Schlagzeug und harschen Vocals pulsiert – eine Explosion akustischer Dunkelheit, die Tolkien-Puristen wahrlich nie erwartet hätten, die in einer von Melkors Verderbnis heimgesuchten Welt aber intuitiv Sinn ergibt. ‘Extreme Metal gehört nach Mittelerde’, sagte McCreary. ‘Er ist Teil des Mythos – er ist der Sound der Schatten.’

Diese Mischung aus orchestraler Erhabenheit und modernem Experimentiergeist zieht sich durch die gesamte Serie. So endete die erste Staffel mit einer eindringlichen Darbietung des Ring-Verses, gesungen von Fiona Apple, während in der zweiten Staffel Rufus Wainwright mit «Old Tom Bombadil» auftrat und dem Mix lyrische Mystik hinzufügte.
Dabei bezieht sich McCreary nicht nur auf Tolkien, sondern er interpretiert ihn auch. Seine Musik vermittelt mit gleicher Sorgfalt die mythische Schwere, die Melancholie verlorener Zeiten und den Schrecken der aufkommenden Dunkelheit. Es ist nicht nur ein Soundtrack, sondern ein neues Kapitel in der Musikgeschichte von Arda.

Der Autor dieser Serie hatte die Chance Bear McCreary bei einem Meet & Greet in Zürich zu fragen, ob es in Zukunft noch mehr Heavy Metal in der Serie geben würde und Bear hat nur wissend geschmunzelnd. Warten wir es ab, die Veröffentlichung ist frühestens im Sommer 2026.

DAMROD - (feat. Jens Kidman) Bear McCreary, Composer

Ein Nachtrag der so aktuell ist, dass er nicht mehr in den Part um "Moongates Guradian" integriert werden konnte:
Siehe Teil – 6

«The Wind Over The Green Hills» ist das neueste Kapitel im musikalischen Schaffen von Moongates Guardian, ein Werk von betörender Melancholie, das Anfang Juni 2025 das Licht der Welt erblickte. Bereits das 13. Album der Band, entführt es uns mit leiser Kraft und grosser Tiefe erneut in die mythischen Weiten von Tolkiens Legendarium.

Sanft und atmosphärisch wie ein Windhauch über Ithilien, entfaltet sich eine Klanglandschaft, die von innerer Ruhe, Wehmut und zeitloser Grösse durchdrungen ist. In Stücken wie «Denethor’s Downfall», «Treebard» oder «The White Tree of Númenor» beschwören Moongates Guardian die Melancholie vergangener Zeitalter, das Flüstern alter Wälder und die tragische Würde untergehender Königreiche. Dieses Album erscheint als stilles Staunen, ein musikalischer Nachhall des Westwinds, der durch Mittelerdes grüne Hügel streicht.

Moongates Guardian - The Wind Over The Green Hills

Lest dies auch hier in der kompletten Review auf den Metal Factory Seiten nach.


Stellt sich abschliessend wohl doch die Frage: Ist Morgoth der Urvater des Heavy Metal?
Die Ursprünge des Heavy Metal lassen sich auf viele Quellen zurückführen: düstere Poesie, donnernde Gitarren-Riffs, rebellische Haltung. Doch wer in die tiefsten Wurzeln dieser Musikrichtung vordringen will, stösst unweigerlich auf einen alten, urgewaltigen Mythos – auf Melkor, später Morgoth genannt, den ersten Dunklen Herrscher Ardas.

Laut dem "Silmarillion" beginnt alles mit Musik, sprich der Musik der Ainur. Eine gewaltige kosmische Symphonie, erschaffen vom Gedanken Ilúvatars. Doch Melkor, der mächtigste der Ainur, kann sich nicht einfügen. Er spinnt seine eigenen Töne in das grosse Thema, will sagen dissonant, laut, zerstörerisch. Die Harmonie zerbricht, Reibung entsteht, und aus der Reibung: Klang. Ein neuer, finsterer Rhythmus, der nicht weniger schöpferisch ist. Was, wenn dies der erste Urknall des Metal war?

Die Parallelen sind verblüffend. Melkors Musik war nicht nur Lärm, sie war Ausdruck eines Willens zur Freiheit, zur Selbstbehauptung, zum Widerstand. Seine Dissonanzen schreckten die anderen Ainur auf, verführten manche, zerstörten bestehende Ordnungen – ganz wie Metal in der musikalischen Welt des 20. Jahrhunderts. Was für Eru Störung war, wurde für viele Zuhörer zum befreienden Aufschrei.

Melkor, der erste, der sich der göttlichen Harmonie widersetzte, wird oft als der grosse Antagonist gesehen – doch vielleicht war er auch der erste Komponist eines neuen Stils. Kein Wunder also, dass so viele Metalbands Namen tragen wie Gorgoroth, Burzum, Morgoth oder Amon Amarth. Sie singen nicht nur von Dunkelheit – sie singen mit der Energie jenes einen, uralten Akkords, den Eru beenden musste, weil er zu mächtig wurde.

Und so ist es nur folgerichtig, dass irgendwann Das Silmarillion: Das Musical auf einer Festivalbühne erklingen wird – mit Growls, Blastbeats und einem Melkor, der seine Dissonanzen über die Welt hinaus brüllt. Denn wenn Metal je einen Ursprung hatte, dann war er nicht in Birmingham – sondern in der Musik der Ainur. Und Morgoth war ihr erster Headbanger.

Gehen wir daher in unserer Musik Reise nochmals zurück, ganz in die Anfänge der Tolkien inspirierten Musik – mit einem Lied von Jack Bruce. Einem schottischer Musiker, Sänger, Komponist und Multiinstrumentalist – am bekanntesten als Bassist und Sänger der legendären Rockband Cream und weit weg vom brachialen Sound von Sunn O))) und des zukünftigen Silmarillion Metal Spektakel.

Jack Bruce
Der Song «To Isengard» von Jack Bruce ist auf dessen 1969 erschienenem Debüt-Soloalbum Songs for a Tailor zu finden. Der Text stammt aus der Feder des Dichters Pete Brown, die Musik komponierte Jack Bruce. Der Titel bezieht sich auf Isengard, einen Ort aus J.R.R. Tolkiens "Mittelerde", doch der Text selbst ist eher abstrakt und poetisch und keine direkte Nacherzählung von Tolkiens Geschichten.

Von Tolkien inspirierte Musik ist mehr als eine Hommage – sie ist ein lebendiges Echo von Mythos und Erinnerung, von flüchtiger Schönheit und zu schnell vergehender Liebe. So wie Mittelerde uns lehrt, dass Freude und Trauer Hand in Hand gehen, so trägt auch diese Musik das Gewicht des Staunens und den Schmerz des Vergehens in sich. "And so our time has just begun…, and so our love moves much too fast." - Jack Bruce, «To Isengard»

JACK BRUCE - To Isengard

 

Dubbelorganisterna
Einer der Ersten Interpreten, die ich Anfangs in meiner Artikel Serie erwähnt hatte (Bo Hansson) sollte nun auch das Finale beschliessen um den ‘Ring’ zu schliessen.
Der Song «Tom Bombadill» der schwedischen Formation Dubbelorganisterna stammt aus dem Album Volym 1, das am 24. Mai 2024 veröffentlicht wurde. Dieses Werk enthält die letzten, zuvor unveröffentlichten Aufnahmen des legendären Psychedelic-Organisten Bo Hansson vor seinem Tod im Jahr 2010. Gemeinsam mit seinem Schüler Eric Malmberg (bekannt von Sagor & Swing) und dem Schlagzeuger Niklas Korssell entstand ein Album, das als ‘hypnotischer Space-Jazz’ beschrieben wird.

Der Titel «Tom Bombadill» verweist auf die Figur Tom Bombadill aus J.R.R. Tolkiens ‘Der Herr der Ringe’. Bo Hansson hatte wie schon anfangs erwähnt, bereits 1970 mit seinem Album «Music Inspired by Lord of the Rings» (Originaltitel: «Sagan om ringen») ein Konzept-Album geschaffen, das ausschliesslich instrumentale Stücke enthält und verschiedene Szenen aus Tolkiens Werk musikalisch interpretiert. Darin findet sich unter anderem das Stück «The Old Forest & Tom Bombadill».

Es ist anzunehmen, dass der Track «Tom Bombadill» auf Volume 1 eine Hommage oder Weiterentwicklung dieser früheren Komposition darstellt. Ob es sich dabei um eine Neuinterpretation, eine alternative Version oder eine thematische Fortsetzung handelt, lässt sich ohne direkten Vergleich der Stücke nicht abschliessend klären.

TOM BOMBADILL - Dubbelorganisterna

 

Und hier die Version vom Bo Hansson:

BO HANSSON - The Old Forest & Tom Bombadil

 

Nachklang aus fernen Hallen
So endet unsere Reise durch Klang und Legende, durch jene Lieder, die aus der Sehnsucht nach den ältesten Geschichten geboren wurden, nach Licht in dunkler Zeit und Echorufen aus vergessenen Tagen. Denn J.R.R. Tolkien schrieb nicht nur Worte, sondern auch Musik. Wie der Wind Melodien über die Wasser von Cuiviénen trägt, so tragen Künstler aus aller Welt seine Vision weiter – in Tönen, Rhythmen und Harmonien, die über Kontinente hinweg erklingen.

Die Spuren jener Lieder reichen von den leisen Harfenklängen der Elben bis zu den donnernden Hymnen schwarzer Türme. Sie erklingen in der Sprache der Power Chords wie auch im Flüstern gregorianischer Chöre. Wenn wir nicht nur mit dem Ohr, sondern mit dem Herzen lauschen, hören wir durch sie hindurch etwas Tieferes: das leise Klingen einer verlorenen Welt, die doch nicht ganz vergangen ist.

Denn Mittelerde lebt – in Vers und Stimme, in Saitenspiel und Trommelschlag. In den Liedern derer, die wissen, was einst war und vielleicht wieder sein wird. Ihre Musik ist wie Lembas auf langer Fahrt, wie Sternenlicht auf dunkler Straße.

Und wenn am Ende alle Lieder verklungen sind, bleibt dieses Wort, das wie ein letzter Ton in der Stille nachhallt:

"Und du, Melkor, wirst sehen, dass kein Thema gespielt werden kann, das nicht seinen letzten Ursprung in mir hat, und keiner kann die Musik verändern in meinem tiefsten Herzen."
– Ainulindalë, J.R.R. Tolkien

Anhänge und Referenzen findet Ihr hier
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