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"Und siehe da! Das Land zerbrach, und das Meer bedeckte es; und der weisse Berg wurde verschlungen, und das Licht des Westens wurde verborgen." In der Dämmerung der Tage, als die Musik noch wagte, nach der Pracht der Legenden zu streben, kommt aus den Schmieden der "Utumno Studios" nun ein Werk, das zugleich schrecklich und wunderschön ist: «Akallabêth», das zweite epische Werk von ANFAUGLIR, der amerikanischen "Schmiede des schwarzen Feuers".
Mit der Macht der Valar in ihren Händen und den Schatten Morgoths in ihren Melodien haben Lord Bauglir und Grishnâk ein symphonisches Black-Metal-Opus geschaffen, das nicht in Eile und auch nicht für das flüchtige Ohr gemacht wurde. Vielmehr entfaltet sich «Akallabêth» wie eine Geschichte aus den Ältesten Tagen – gewaltig, tragisch und strahlend in seiner Verdammnis. Das Album verzichtet auf gängige Formen und ist als vierfache Symphonie komponiert, wobei jeder Teil mit der Sorgfalt eines Loremasters und Barden gestaltet wurde. In der Musik schwingt die Überheblichkeit und das tragische Schicksal Númenors mit.
Die Geschichte beginnt in den glorreichen Tagen der Menschen, als das sternenförmige Inselreich unter dem Schutz Ulmos aufblühte. Mitreissende Streicher und feierliche Chöre leiten den Satz «The Rise Of Númenor» ein, der von der Verheissung von Grösse und Macht glänzt. Doch die Schlange liegt zusammengerollt im Herzen des Königs und die Schatten vertiefen sich im zweiten und dritten Teil. Vor allem «Defying The Doom Of Men» mit seinem Auszug aus «Temple Of Melkor» ist ein Höhepunkt düsterer Erhabenheit: Sauron flüstert Gift, Ar-Pharazôn ragt stolz empor und der weisse Baum brennt lichterloh als Opfergabe.
Themen kehren wieder und entwickeln sich weiter, wie es in den alten Liedern üblich ist: Das Motiv "Bann der Valar" das zunächst melancholisch geflüstert wird, kehrt als Vorbote des Gerichts zurück. Der letzte Satz mit dem schlichten Titel «The Downfall» ist eine Totenklage für eine versunkene Welt – ein Crescendo der Zerstörung, das es mit der Welle Ilúvatars selbst aufnehmen kann. Selten wurde Tolkiens Legendarium sowohl inhaltlich als auch spirituell so getreu in einem Metal-Werk umgesetzt. Dies ist keine blosse Nachahmung. Anfauglir kanalisieren die Angst vor dem zweiten Zeitalter und die Trauer der Getreuen.
Sie verweben Verzweiflung und Pracht zu einem Klangteppich, der neben dem "Lay Of Leithian" oder dem "Doom Of Mandos" bestehen könnte. Wer sich auf dieses Werk einlässt, überschreitet die Schwelle der Welt und findet sich nicht länger in unserer Zeit, sondern wandelt mitten durch die Seiten von Tolkiens Legendarium, als Zeuge von Ruhm, Verfall und dem Klang uralter Mächte. Lest unbedingt auch die Serie um Tolkiens Einfluss auf zeitgenössische Rockmusik auf der Metal Factory Website – hier. Volle Sternenzahl für jene, die sich bei Einbruch der Nacht noch immer nach Westen wenden, nicht in Hoffnung, sondern in Erinnerung, und für jene, deren Blut das Vermächtnis der schwarzen Númenórer trägt: verdammt und zugleich gross. Dies ist kein Ruf für Hobbits, sondern für Könige und Ketzer, für Seher und Verlorene, die den Untergang nicht lesen, sondern hören wollen.
Lukas R. (Mandos)