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Wenn sich andere Bands spalten, nennt man es Trennung. Bei HELHEIM ergibt es sich mehr als eine "Erweiterung des Selbst". Mit ihrem zwölften Studio-Album «HrabnaR / Ad vesa» errichten die norwegischen Viking / Black Metal Veteranen eine Art "Runenstein mit zwei Gesichtern" und lassen ihn zugleich als Spiegel der menschlichen Seele stehen.
Mit ihrem geteilten Album «HrabnaR / Ad vesa» reihen sich Helheim in gute Gesellschaft ein, etwa neben Pink Floyds «Ummagumma», bei dem jedes Bandmitglied eigene Stücke beisteuerte, Opeths stilistisch gespaltenem Doppel «Deliverance/Damnation» oder System Of A Down, deren «Mezmerize» und «Hypnotize» zwei Seiten derselben kreativen Medaille zeigen. Zum ersten Mal in über dreissig Jahren teilen sich die Haupt-Songwriter H’grimnir und V’gandr das Werk auf eine so radikale wie harmonische Weise. Jeder übernimmt eine Seite, heisst komplett allein, vom Komponieren bis hin zum Gesang.
Es ist keine Trennung aus Not, sondern eine bewusste Spaltung der kreativen Kraft, die aufzeigt, wie vielschichtig Helheim im Innersten ist. Die Rabenschwingen: «HrabnaR» - H’grimnirs Vision. Diese Seite trägt den Geruch von Torf, Nebel und alten Liedern. «HrabnaR», benannt nach den Raben Odins, schlägt grosse Bögen: von der meditativen Melancholie in «Sorg er dødens spade» über die Wucht von «Livsblot» bis zur majestätischen Fusion aller Kräfte in «Mennesket er dyret i tale». H'grimnirs Handschrift ist ehrfürchtig, erdig und episch – getragen von Folk-Anklängen, klarer Stimme und donnernder Tiefe.
Wer je mit Helheim über Berge gewandert ist, wird sich hier zu Hause fühlen. Die Schattenseele: «Ad vesa» - V'gandrs Abstieg in die Tiefe Die zweite Gesichtshälfte des Steins blickt nach innen und in die alten Mythen. «Ad Vesa» zeigt sich eher als eine Seelenreise durch die vier Teile des vorchristlichen Menschen: «Fylgja», «Hamr», «Hugr», «Hamingja». V'gandrs Sound ist dunkler, rauer und experimenteller. «Fylgja» beginnt vertraut, «Hamingja» driftet ins Progressive und «Hamr» tobt wie ein Sturm durch die Unterwelt.
Dies ist Helheim mit zeremonieller Wucht, ein Ritus, kein Refrain. «HrabnaR / Ad vesa» ist wohl wirklich kein Werk zum nebenbei Anören. Es ist eine Spiegelung nordischer Dualität, eine Trennung ohne Bruch. Zwei Künstler, zwei Wege, aber immer in einem Kreislauf. Produziert von Iver Sandøy (unter anderem Enslaved) in den "Duper" und "Solslottet Studios" ist das Album technisch brillant und atmosphärisch dicht. Ein Runenstein: Die eine Seite spricht zu den Raben, die andere flüstert mit Geistern. Gemeinsam erzählen sie vom Menschen, zerrissen, suchend und vielleicht gerade in seiner Zerrissenheit ganz.
Lukas R.